Franc Berneker
(* 1874 Legen bei Slovenj Gradec, 1932 Ljubljana)
An der Wende zum 20. Jahrhundert,
als mit der Generation der slowenischen Impressionisten eine für die
moderne Kunst Sloweniens maßgebliche Entwicklung
einsetzte, erlebte auch die Bildhauerei einen Aufschwung. Die ersten,
vornehmlich in Wien akademisch geschulten slowenischen Bildhauer erhielten
die Gelegenheit, an relativ zahlreichen Bildhauerwettbewerben teilzunehmen,
die in jener Zeit von verschiedenen Ausschüssen für die Errichtung von
Denkmälern zur Erinnerung an slowenische Schriftsteller und andere bedeutende
Persönlichkeiten ausgeschrieben wurden. Gerade der Wettbewerb für das
Prešeren-Denkmal im Jahre 1900 machte das damalige slowenische Publikum
auf den Bildhauer Franc Berneker aufmerksam, einen in der Heimat unbekannten
Künstler. Sogleich wurde Rihard Jakopič
auf ihn aufmerksam, der ihm in der Monatsschrift Slovan
einen dornigen künstlerischen Weg prophezeite.
Franc Berneker ist der breiteren Öffentlichkeit nur als
Sloweniens erster moderner Bildhauer und
als Schöpfer des Trubar-Denkmals bekannt,
des schönsten figürlichen Denkmals in Ljubljana. Berneker galt schon
zu seiner Zeit als ungemein begabter Bildhauer, der aber aufgrund seines
tragischen Schicksals seine künstlerische Berufung nicht verwirklichen
konnte. So wurden zahlreiche ambitiöse bildhauerische Entwürfe, die
Berneker als bahnbrechenden slowenischen Bildhauer der Moderne zeigen,
niemals ausgeführt. Noch weniger bekannt ist sein künstlerisches Engagement.
Als Zeitgenosse von Jakopič und Mitglied
des Künstlerklubs Sava war er mit seinen
Mitstreitern zu aller Zeit um die slowenische Kunst und deren entsprechenden
Platz im öffentlichen Leben bemüht. Als Bildhauer beteiligte er sich
an den ersten slowenischen Ausstellungen im Jakopič-Pavillon,
stellte 1904 zusammen mit den Klubmitgliedern erfolgreich bei Miethke
in Wien aus, nahm an Bildhauerwettbewerben teil, führte Aufträge
in kleiner Zahl aus und wirkte als enthusiastischer Kulturschaffender
auch in öffentlichen Diskussionen über die Kunst mit. Er war Mitglied
der Gruppe Vesna, des Klubs Sava,
des Vereins Probuda, des Slowenischen Künstlervereins
sowie der Künstlerischen Kommission der Nationalgalerie. Leidenschaftlich
setzte er sich für die Gründung der slowenischen Kunstakademie in Ljubljana
und für die Schaffung eines slowenischen Kunstmarkts mit kritischer
Fachwelt, bewußtem Publikum und Auftraggebern ein.
Bernekers bildhauerische Entwicklung setzte an der Schwelle
des 20. Jahrhunderts mit einer realistischen Ausdrucksform ein, wie
sie vom konservativen akademischen Umfeld gepflegt und vom Geschmack
der wohlhabenden bürgerlichen Auftraggeber gefördert worden war. An
der Wiener Akademie herrschte noch immer
der mit dem Neobarock im Stile von
Bernini gestützte akademische Realismus
vor, während deutlichere Modernismen nicht geduldet waren. Trotzdem
ist in den Arbeiten der Professoren und Schüler der Nachlang der neuen
stilistischen Tendenzen jener Zeit zu bemerken: Elemente des Jugendstils,
des Symbolismus, des sozialen
Realismus im Stile von Meunier,
von Hildebrands neuem
Klassizismus sowie formale und inhaltliche Züge von Rodins
Bildhauerkunst. Auch bei der Analyse von Bernekers Schaffen können
vorherrschende Einflüsse bzw. neue stilistische Strömungen herausgeschält
werden, denen der Bildhauer (un)mittelbar folgte. Formal, weniger inhaltlich,
stützte er sich vor allem auf die Bildhauerei von
Rodin, natürlich über den starken Einfluss, den der große Meister
auf die damalige europäische Bildhauerkunst ausübte. Die malerische
(impressionistische) Modulation, die die inneren Spannungen und die
Dynamik der Figur widerspiegelt, ein unruhiges Zittern des Lichts auf
der Oberfläche hervorruft und so die Figur wesentlich auflockert, ist
ein Prinzip von Rodin, dessen sich Berneker
immer wieder sowohl in den Porträts und Skulpturengruppen als auch Denkmalentwürfen
bediente. Jedoch liefern Bernekers Werke den klaren Beweis für die Fähigkeit
und künstlerische Autonomie des Bildhauers, nicht nur einem gewählten
stilistischen Ausdruck zu folgen, sondern seinem künstlerischen Empfinden
sowohl traditionelle als moderne bildhauerische Strömungen unterzuordnen
und neue, geschlossene Einheiten zu schaffen. Das den Künstler kennzeichnende
Merkmal ist nämlich die Thematik seiner Werke. Sein gesamtes bildhauerisches
Schaffen ist durch eine lyrische, melancholische, mit einer pessimistischen,
stellenweise tragischen Beziehung zur Welt gepaarte Note geprägt. Am
auffälligsten ist diese in seinen Skulpturengruppen zu erkennen, wo
eine symbolistische, soziale Thematik vorherrscht, die mit einer starken
individuellen, tragischen Note verklärt ist, wobei gerade der eigenwillige
bildhauerische Ausdruck jenes Element ist, das den Künstler unfehlbar
von den Werken seiner Zeitgenossen trennt. Das eigenständige, von Trauer
erfüllte" Schaffen spiegelt Bernekers Schicksal in eben solchem
Maße wider wie die Zeit, in der er wirkte.
In der qualitativ und stilistisch uneinheitlichen Generation
der slowenischen Bildhauer brach Franc Berneker als erster mit dem Akademismus
und bereicherte seinen bildhauerischen Ausdruck mit den künstlerischen
Strömungen und Bewegungen seiner Zeit. Als Zeitgenosse der Impressionisten
und Mitglied des Klubs Sava trug er zugleich zur Entstehung und Durchsetzung
der modernen slowenischen Kunst wesentlich
bei. Einen Höhepunkt in Bernekers Gesamtwerk stellt das Trubar-Denkmal
dar, das das Wesen seiner Bildhauerei und seine persönliche Philosophie
in bestmöglicher Weise illustriert, zugleich eine Wende im slowenischen
figürlichen Denkmal bedeutet und der modern(istisch)en slowenischen
Skulptur des 20. Jahrhunderts den Weg eröffnet.