Page 170 - [Peter_Menzel,_Faith_D’Aluisio]_Mahlzeit_Auf_80(BookFi.org)

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KIONGO, KERICHO
äsä7IEäEINä4EPPICHäBEDECKTä
das satte Grün der Teesträucher das keniani-
sche Hochland westlich des Ostafrikanischen
Grabens. Arbeiter mit großen Säcken durch-
kämmen pflückend die Hügellandschaft, wobei
sie im Auftrag der großen Teefirmen wie James
Finlay und Unilever Tea Kenya stets nur die
zartesten Blattspitzen abzupfen. In zwei oder
drei Wochen werden die Pflücker wieder durch
dieselbe Parzelle ziehen, um die nachgewach-
senen Blättchen zu ernten.
Von den kleineren Teegärten des Landes,
viele davon nicht einmal einen halben Hektar
groß,stammen 60 Prozent des in Kenia er-
zeugten Tees. Die Bauern pflücken selbst oder
engagieren einen oder zwei Helfer, um die Ernte
einzubringen, ehe die Blätter zu groß für die
Vermarktung geworden sind, und viele ver-
kaufen ihre Produktion über die halbstaatliche
Kenya Tea Development Agency.
Im Bezirk Kericho bewirtschaftet der 25-jäh-
rige Kibet Serem den gut einen Hektar großen
Teegarten auf dem Hof seiner Eltern; beim
Pflücken geht er selbst mit seinen angeheuer-
ten Helfern durch die Teebüsche. Alle zwei bis
drei Wochen wird geerntet. Kibets Jahrespro-
duktion kommt auf 6000 bis 7000 Kilogramm.
Neben dem Tee kümmert er sich um ein Mais-
feld und um die Kühe der Familie. Im seit Jah-
ren von Dürre geplagten Kenia ist Wasser zur
lebenswichtigen Frage geworden, selbst hier im
eigentlich feuchten Hochland. Das wirkt sich
auf die Teebüsche ebenso aus wie auf die Kühe
und den Mais – und auf Kibets Bilanz.
Kibet ist ein Kipsigi von Volk der Kalenjin.
Die Kalenjin lebten hauptsächlich von der Vieh-
zucht, bis sie durch Politik und die wirtschaftli-
che Entwicklung von ihren Weiden vertrieben
wurden. Kibets Vater John arbeitete in seiner
Jugend als Rinderhirte, später auf einer großen
Teeplantage. Den eigenen Teegarten pflanzte
er, als Kibet klein war, und schon als Kinder
mussten Kibet und seine Geschwister Unkraut
jäten und Tee pflücken. Seit seinem Ober-
schulabschluss arbeitet Kibet ganztägig auf
dem Hof. Er hätte gern studiert, doch dafür war
kein Geld da.
Der junge Mann mit einem Gespür fürs Ge-
schäft fing an, die Teeernte der Nachbarn aufzu-
kaufen, um große Mengen anbieten zu können.
Das funktionierte eine Weile recht gut, bis der
Abnehmer den Vertrag kündigte, um direkt mit
den Kleinbauern zu verhandeln. Kibet machte
Unilever Tea Kenya ein ähnliches Angebot,
bekam jedoch nicht einmal eine Antwort.
Wir setzen uns mit Kibet und seinem Vater
zum Frühstück. Es gibt süßen Tee mit Milch
frisch von der Kuh, Weißbrot aus dem Super-
markt und Mursik, ein traditionelles, würziges
Sauermilchgetränk, von Kibets Mutter Nancy
hergestellt. Sie ist noch im Küchenhaus, um
die Morgenmilch zu Joghurt zu verarbeiten.
Kibet Serem
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FRÜHSTÜCK
Weißbrot, 80 g
s
Schwarztee mit frischer Milch von den eigenen Kühen, 265 ml, und
Zucker, 2 TL
ZWEITES FRÜHSTÜCK
Uji (dünner vergorener Mais- und Hirsetrunk) mit Zucker, 380 g
MITTAGESSEN
Weißer Reis, 235 g
s
Wachtelbohnen, mit Tomaten gekocht, 235 g
s
Joghurt, von der
Mutter selbstgemacht aus eigener Milch, 300 g
ABENDESSEN
Ugali (dicker Maisbrei), 1,14 kg
s
frische Vollmilch, 280 ml
s
Bonbons (2), 8 g
IM LAUFE DES TAGES
Schwarztee mit Vollmilch (2), 530 ml, und Zucker, 1 EL
s
Leitungswasser, 750 ml
KALORIEN
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KENIA
EINE TAGESRATION
IM FEBRUAR