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Auch wenn ein Teil davon in der Mülltonne landet, ist es immer noch viel
zu viel. Doch das hält die Foodindustrie nicht vom Ertüfteln neuer Metho-
den ab, uns zum Verzehr von immer größeren Mengen ihrer Produkte zu
verleiten. Nehmen wir als Beispiel den Whopper, das Flaggschiffprodukt
von Burger King. Aus dem Brötchen mit einem Viertelpfund Rinderhack
und 670 Kalorien der Anfangszeit entstand eine ganze Burger-Familie –
jüngster Spross ist der Triple Whopper mit Käse und 1250 Kalorien. Wie
kann man einen Imbiss, der mehr als die Hälfte des Tagesbedarfs eines
Durchschnittsmenschen enthält, als Einzelportion verkaufen? Leider
denkt kaum einer von uns darüber nach. Wir essen mehr, weil uns eine
größere Portion vorgesetzt wird, und denken nicht über die Menge auf
dem Teller oder die vertilgten Kalorien nach.
Irgendwann im Teufelskreis aus Übersättigung und Gewichtszunahme
macht man in der Regel eine Diät. Als Ernährungswissenschaftlerin
mit Spezialgebiet Fettleibigkeit habe ich sie alle satt: Atkins-, Beverly-
Hills- oder Zonendiät, South-Beach-, Kohlsuppen-, Grapefruit- und
Eiscremediät, Jenny Craig, Nutrisystem und auch die Subway-Diät. Den
Formeln zum Abnehmen ist gemeinsam, dass sie in der Regel nicht
nachhaltig funktionieren. Die Erfahrungen meiner Klienten haben den
Jojo-Effekt als Leitmotiv: Wer auf die Kalorien achtet, nimmt ab,
doch wenn man nicht lernt, sich gesund zu ernähren, war die ganze
Mühe für die Katz.
Nachhaltige Gewichtsabnahme erreicht man nur durch vernünftige
Ernährung und ein Bewusstsein für angemessene, gesunde Portionen,
die den Appetit stillen und dem Körper die nötigen Nährstoffe zuführen.
Ernährungsrichtlinien und Kalorienangaben auf den Packungen können
wertvolle Hinweise liefern. Doch die gängigen Portionen sind oft größer.
So enthält das Pastagericht beim Italiener nicht selten mehr als den
gesamten Getreidebedarf eines Tages. Schlimmer noch ist die
Steakhaus-Portion, die den Fleischbedarf für mehrere Tage auf den
Teller bringt. Und dann gibt es die abgepackten Singleportionen, die in
Wirklichkeit für zwei bis drei Personen reichen. Doch wer 0,6 Liter Cola
bestellt, die für zweieinhalb Personen genügt, wird sie kaum mit andert-
halb anderen Menschen teilen.
Bewusst zu essen ist das A und O einer erfolgreichen Diät, doch die
wenigsten von uns sind gut im Schätzen der Kalorien, die wir verzehren.
Die Erfahrung zeigt, dass die meisten Menschen ihre Kalorienzufuhr
stark unterschätzen. Ein Ernährungstagebuch zu führen ist der beste
Weg, um sich der Mengen, die man isst, und des persönlichen
Ernährungsstils bewusst zu werden. Das Ernährungstagebuch erzieht
zum bewussten Essen, stärkt die Entschlossenheit zur Wahl gesün-
derer Lebensmittel und dazu, insgesamt weniger zu essen. Die Eintra-
gungen müssen ehrlich, vollständig und genau sein. So erlangt man
das Bewusstsein für Essgewohnheiten, die einem nicht gut tun, man
kann sich besser informieren und gesündere Lebensmittel wählen.
Dies ist der einzige Weg zu nachhaltiger Gewichtsabnahme.
Führen Sie ehrlich und genau Buch über das, was Sie essen, ent-
wickeln Sie Ihr Bewusstsein für angemessene Portionen und versuchen
Sie, weniger verarbeitete Lebensmittel zu essen. Es ist bekannt, dass
Obst, Gemüse und Vollkornprodukte die bessere Wahl sind. Sie enthal-
ten mehr Mineral- und Ballaststoffe und sättigen auf natürliche Weise.
Ein großer Becher Cola mit 800 Kalorien ist viel schneller getrunken,
als man Obst und Gemüse mit 800 Kalorien isst. Nehmen Sie sich die
Zeit, Ihr Essen zu genießen. Essen Sie bewusster und versammeln Sie
Ihre Lieben und Ihre Freunde um den Tisch. Finden Sie durch Versuche
die für Sie beste Methode heraus. Auf welchem Weg auch immer Sie
Ihr gesundes Gewicht erlangen, Sie müssen wissen, dass diese Schritte
für Ihre Gesundheit und Ihr Wohlbefinden entscheidend sind. Und multi-
plizieren Sie dann diesen Gewinn mit ein paar Millionen. Die epidemi-
sche Ausbreitung des Übergewichts ist alarmierend. Und extrem kost-
spielig. Und nur jeder Einzelne kann anfangen, sie zu stoppen. Mit
jedem Bissen.
Von links nach rechts: Geschwister essen
süße Monsterbrötchen in San Antonio, Texas.
Ein Himba-Junge leert im Dorf Okapembambu in
Namibia seinen Krug mit Maisbrei. Mariel Booth,
Studentin und Model, kauft Grünzeug auf einem
Markt in New York. Eine Familie frühstückt zu
Hause in Yazd, Iran. Der Wettesser Carson »Collard
Green« Hughes bei einem All-you-can-eat-Buffet
in Newport News, Virginia. Ein Food-Künstler aus
Tokio isst zu Hause zu Mittag