Level 4 (Grundtext)

Vorliegende Homokumulate

 

Welche Informationen liegen vor. Wirkungen, die in der Bewirkung steckenbleiben. Beispiele aus dem Bereich der auditiven Information, bis hin zum Babbeln. Wirkungen, die sich verselbständigen. Gemischte Faszination: Opernsänger und Virtuosen. Doch ihr Exhibitionismus stört eher.

Am häufigsten erfaßt die Supernaturalisierung vorliegende Informationen. So wollen wir hier Sachverhalte nennen, die das Verhaltenssubjekt einfach als gegeben einstuft, ohne sich um ihre Entstehungsgeschichte zu kümmern. An sich ist das zweifellos der elementarste Fall der Informationsaufnahme, und zugleich ist er genau derjenige, den die klassische aisthesis meint – aus beiden Gründen sind vorliegende Informationen die traditionelle Spielwiese der Formreflexion. Wir hingegen glauben, daß man solche Sachverhalte auf dem Hintergrund der Bewirkung beobachten soll.

Einerseits kann man von jeder Wirkung, nachdem sie einmal vollbracht worden ist, behaupten, daß sie vorliegt; andererseits sind die meisten (in übernatürlichen Erklärungssystemen sogar alle) vorliegenden Informationen das Ergebnis einer Bewirkungshandlung. Entscheidend ist also nur der Blickwinkel, denn an eine durchgehende Trennung dieser beiden Informationswelten ist nicht zu denken, und zu begründen wäre höchstens, warum wir bei einigen Gruppen von Wirkungen den Tatbestand des Vorliegens eigens herausstreichen. Das Kriterium ist der Grad der Loslösung der CIF-Konsummation vom Bewirkungskontext und damit der Annäherung an reine, d.h. unbewirkte vorliegende Informationen: unter »vorliegend« sind in unserem Verhaltenskatalog solche Wirkungsthemen eingereiht, die sich in dieser Hinsicht besonders leicht verselbständigen und dadurch ihre Bewirkungshandlung nun tatsächlich in die Instrumentalsphäre abdrängen. Es zeigt sich nämlich, daß das verschiedenen Wirkungen bei weitem nicht gleich gut gelingt, denn viele bleiben, was ihren formalen Reiz betrifft und auch sonst, gewissermaßen in der Bewirkung stecken; offenbar sind sie derart fixiert auf ihre Rolle in diesem Kontext, daß sie ohne ihn als Informationen jeden Sinn verlieren oder sogar überhaupt undenkbar werden. Natürlich läßt man bei einer so starken Abhängigkeit die Nabelschnur am besten ungetrennt – gerade das machte die Art der Behandlung in unserem ersten analytischen Hauptblock notwendig.

Um die Unterschiede noch plastischer herauszuarbeiten, werden wir sie im folgenden auf dem bisher unberührten Gebiet der auditiven Information unter die Lupe nehmen. Zunächst gibt es zahllose Fälle von Schallerzeugung, bei denen sich die formale Anziehungskraft eindeutig auf das Phänomen der Verursachung beschränkt. Die meisten solchen Fälle findet man, wie zu erwarten, bei Kindern, die es bekanntlich nicht müde werden, die akustische Produktivität des eigenen Körpers* und aller Gegenstände*, deren sie habhaft werden können, im Spiel zu erforschen. Aber auch später bei Erwachsenen bleibt die Fähigkeit, sich für einfache Schallerzeugung zu begeistern, allgegenwärtig. Die Homokumulativitätsanalyse dieses Effekts ergibt eine Variante des gewohnten Strickmusters: ausschlaggebend für seine Form ist einerseits die meist mühelos* zu erreichende Minimalität* der zu einer einzigen scharfen Kontur* zusammengeschrumpften Bewirkungshandlung und andererseits am Anfang wahrscheinlich schon die bloße Existenz einer derartigen Wirkung (denn für den Säugling gehören das eigene Babbeln* oder das Rasseln einer bewegten Klapper* wohl zu den ersten ergiebigeren Augmentierungen* der Rückmeldung von der Art, die allen Bewirkungen zugrunde liegt), nach dem Einsetzen von inhaltsspezifischen Extremalisierungsprozessen aber dann vor allem eine etwas grobschlächtige Intensität* des hervorgebrachten Schalls, bisweilen auch extensional abgewandelt als seine Reichweite*. Deshalb wird der Krach*, sehr zum Unwillen aller, die sich im Augenblick nicht gerade auf auditiver Homokumulativitätsjagd befinden, gern bis zum äußersten* gesteigert, zum Teil aus reiner Sinneslust – wie z.B. beim Tourieren von Motoren* – und zum Teil aus zugegebener Freude am Erschrecken* wie bei Knallkörpern, die unter fremden Füßen explodieren*.

(Lärm ist sicher ärgerlich, aber zur Ehrenrettung der Homokumulativitätsgier müssen wir zumindest darauf hinweisen, daß der Säugling, der vergnüglich vor sich hin babbelt, unwissend verschiedenste Artikulationsmöglichkeiten erprobt, d.h. in seinem Fall ist die angenommene Kosummation der Information als Form zweifellos funktionell, obwohl auch der Spracherwerb zu jenen Leistungen zählt, die so gründlich soziokulturell abgesichert erscheinen, daß wir unserem Motiv dabei nicht mehr anrechnen können als eine gewisse Zusatzbekräftigung.)

Und welche Wirkungen sind es, die den Sprung in die Unabhängigkeit schaffen? Am einfachsten haben es natürlich materielle Objekte, die aus einer Bewirkung hervorgehen, doch sie sind keineswegs die einzigen; wie wir wissen – und zwar nicht erst, seit es Tonkonserven gibt –, ist der Mensch sehr wohl imstande, auch z.B. die Musik als ein schattenhaftes Ereignis, das sich praktisch sofort nach dem Abbruch seiner Bewirkungshandlung spurlos verflüchtigt, dennoch von dieser zu abstrahieren. Die beste Abgrenzung ist wahrscheinlich eine sehr traditionelle: selbständig sind vor allem sogenannte »schöne« Wirkungen, die im Rahmen einer »künstlerischen« Bewirkungsbestrebung anfallen (und es ist offenkundig, daß der oben erörterte Typ der Schallerzeugung höchstens in einer besonders breiten, sagen wir avantgardistischen oder komischen Definition zur Kunst gehört).

Hier kann es aber wiederum leicht passieren, daß die Bewirkung einer solchen vorliegenden Information nicht ausschließlich instrumental bleibt, sondern wegen ihrer formalen Qualitäten in die CIF-Konsummation mit einbezogen wird, obwohl sie im Prinzip ruhig ignoriert werden könnte, weil ihr Produkt keine derartige Unterstützung braucht. Das Ergebnis ist eine zweifache, gemischte Faszination, die unsere Bemühungen um eine klare Unterscheidung weiter untergräbt.

Versuchen wir auch das für den Bereich der auditiven Information zu konkretisieren, so landen wir mitten in der Musik. Besonders in den Vordergrund tritt Kunst als Können, als Fertigkeit, bei der Bewunderung von reproduktiven, d.h. hauptsächlich fremde Ideen realisierenden Künstlern. So wird ein Opernsänger* in mancher Hinsicht wie ein richtiger Leistungssportler bewertet: wie laut* kann er schreien? (Bringt er mit seiner Stimme womöglich sogar Glas zum Bersten*?) Wie lange* kann er einen Ton halten? Wie groß* ist sein Stimmumfang? Und vor allem, wie hoch* kommt er? Eine Progression in dieser Richtung gerät nämlich bald in die Nähe einer natürlichen Grenze, wo sie von Ton zu Ton schwieriger* und anstrengender* zu werden beginnt; daher ist ein hohes C* der logische Höhepunkt* der Leistungssteigerung gegen das Ende der Schaunummer. Aber auch die Instrumentalmusik kennt die Lust an einem ähnlich brutalen fortissimo*, obwohl bei ihr ein anderes Phänomen das Bild beherrscht und für die sportliche Note sorgt, nämlich die sogenannte Virtuosität*. Virtuosität ist durch lange Übung* erworbene Meisterschaft in der Bewältigung von motorischen Schwierigkeiten*, die sich aus einem extrem hohen Tempo* (= Dichte*) der Bewirkung von auditiven Ereignissen ergeben – und die Zurschaustellung dieser Meisterschaft läßt manchmal die Stimmung eines regelrechten Wettrennens gegen die Zeit* aufkommen. Dasselbe Tempo ist es übrigens, das die fehlerfreie* Wiedergabe einer bis ins Detail vorgeschriebenen Vorlage zu einem solchen Problem werden läßt. Und nicht weniger heikel als Bewirkungsaufgabe ist die genaue Synchronisation* eines Chors oder Orchesters.

An sich sind das wieder Aspekte des formalen Reizes, die stark an bisher erörterte Bewirkungen erinnern. Allerdings müssen wir dabei schon mit ernst zu nehmenden Bedenken rechnen. Wir billigen zwar nicht die Haltung jener Ästhetik, die sich zwischen Hervorbringung von Schönheit und ihrem einfachen Bestehen in ontologischen Rangierungen und Wertungen verliert; für uns ist jedes Homokumulat ein Homokumulat. Es hätte aber trotzdem keinen Sinn zu leugnen, daß die oben gewählte Betrachtungsweise eher auf Randerscheinungen der Bewirkung von Musik beschränkt bleibt und tendenziell in eine exhibitionistische Verflachung mündet. In Wirklichkeit soll der ideale Interpret »hinter das Stück zurücktreten« und es »frei erstrahlen lassen« in seiner ganzen vorliegenden Selbstherrlichkeit – erst der Grad der Entfaltung dieses über die Bewirkung hinausweisenden Potentials* wird als das eigentliche Maß der Homokumulativität seiner bewirkungsmäßigen Leistung anerkannt, ähnlich wie beim Komponisten* als dem im engeren Sinne kreativen Künstler. Diese Unterordnung beweist am besten die formale Entbehrlichkeit eines interessanten Entstehungshintergrundes.

 

Wahrnehmung in Informationsklumpen. Zusammengesetzte Wirkungen sind viel unabhängiger als elementare. Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei der Anhäufung von Gleichem. Die Homokumulativität des Tons und der Harmonie. Zwei Formen oder eine?

Die hervorstechendste Eigentümlichkeit jener Informationen, die wir als vorliegende behandeln wollen – eine scheinbare Komplikation, die die prinzipielle Klarheit unseres Grundbegriffs trüben könnte und mit der wir uns deshalb besonders sorgfältig befassen müssen – ergibt sich jedoch aus der charakteristischen Vorgangsweise unserer Wahrnehmung, die Gebilde von der Größe eines einzelnen Homokumulats keineswegs immer so konsequent aus dem übrigen Informationsangebot isoliert, daß alles um sie herum im Schatten verschwände; mindestens ebenso häufig werden sie aufgenommen und konsummiert als »Einschlüsse« in größeren Ganzen, in bunt zusammengewürfelten Informationsklumpen, die neben ihnen (a) ihre von ihnen verschiedene Umgebung enthalten und dazu (b) meistens noch andere, von ihnen verschiedene Anhäufungen von Gleichem. Zu betonen ist, daß auch solche Klumpen nicht von vornherein vorzuliegen brauchen, weil sie vielfach eigens produziert werden, d.h. in einigen oder sogar allen Elementen und/oder Relationen die Frucht einer Bewirkung darstellen. Kennzeichnend für derartige Wirkungen ist ihre eindeutige Zusammengesetztheit, der sie den Namen Kom-positionen verdanken. (Strenggenommen ist zwar schon das Homokumulat selbst eine Komposition, aber nur eine äußerst triviale.)

Diese klumpige Beschaffenheit der Wirkung ist nach unseren Beobachtungen der häufigste und verläßlichste Grund für ihre formale Unabhängigkeit vom Bewirkungskontext. Daraus ergibt sich ein recht markanter Unterschied von den bisher erörterten Bewirkungsbemühungen, die sich typischerweise nicht auf die Umgebung des hervorgebrachten  Homokumulats erstreckten; in dem Sinne war also ihr Produkt »elementar«, so verschlungen der Weg zu ihm gewesen sein mochte (selbstverständlich kann man auch die Bewirkung als einen perzeptiven Informationsklumpen auffassen), und gerade diese geringe Komplexität des Endergebnisses hat uns veranlaßt, mit solchen relativ leichteren Fällen anzufangen, obwohl wir uns an das damit umrissene Einteilungsprinzip nicht immer halten konnten, wenn wir die angeschlagenen Themen einigermaßen abrunden wollten. Aus ähnlichen Gründen werden wir übrigens auch im folgenden nicht nur von zusammengesetzten Wirkungen (und anderen Informationen) reden, sondern nach wie vor auch von elementaren. Die Musik ist zwar praktisch immer kom-poniert, aber die auditive Information ist ein Extremfall – sonst geht es viel öfter um einzeln wahrgenommene Anhäufungen von Gleichem, die einfach vorliegen und trotzdem Interesse erwecken. Die Zusammengesetztheit der Wirkung ist also nicht etwa eine unerläßliche Bedingung für ihren selbständigen formalen Reiz.

Der perzeptive Informationsklumpen ist zweifellos eine eigenartige Fundstätte des Homokumulats, bei der wir mit gewissen Besonderheiten rechnen müssen. Zwar motiviert eine in ihm eingefangene Anhäufung von Gleichem anscheinend genauso wie eine »freie« und genügt schon allein als Anlaß zur CIF-Konsummation; darin stimmen die bisherigen Beobachtungen mit den unseren überein, so daß die Behauptung unumstritten sein dürfte. Aber wie schaut eine solche Anhäufung im einzelnen aus? Ein Teil ihrer Erscheinungsformen läßt sich sicher ohne größere Probleme mit dem bisher erarbeiteten theoretischen Apparat erklären. Als ein Beispiel für viele andere soll hier ein Kernstück der Musik dienen, nämlich der Ton – ein (überwiegend) harmonischer Klang, der als der Grundton dieses Klanges gehört wird. Das Gebilde hat erfahrungsgemäß einen ungeheuren Einfluß auf die jeweilige Anziehungskraft der vorliegenden auditiven Information, und wegen seiner eindeutigen inhaltlichen Irrelevanz wurde seine Macht über den Menschen schon früh als ein geheimnisumwittertes Rätsel interpretiert. Was könnte diese Sonderart des Schalls vor einem »bloßen Geräusch« voraushaben? Warum spielt sie in der Musik eine so zentrale Rolle? Warum ist z.B. die Geschichte der Instrumente vor allem ein tausendjähriger Kampf um den Ton? Unsere Antwort lautet natürlich: was ihn in unseren Ohren mit einem derartigen Glanz umgibt, ist nichts anderes als die Homokumulativität seiner Form, insbesondere die intensionale und extensionale Reinheit* dieser geordneten und zu einer einzigen Frequenz zusammenfließenden Kombination von Schwingungsmustern, die so elegant von dem üblichen bunten Wirrwarr der akustischen Schwingungen absticht.

Die Begeisterung für den Ton ist wieder generisch universal, aber vielleicht noch interessanter wird es bei einer engeren europäischen Spezialität, die denselben Gedanken weiterführt, nämlich bei der Harmonie eines (synchronen) Akkordes. Nach der klassischen Auffassung ist ein harmonischer Mehrklang so etwas wie ein Ton zweiter Ordnung (eine explizierte Obertonreihe) und verkörpert demzufolge nochmals die gleiche Reinheit-in-der-Intension-und-Extension* wie oben, doch ist die Behauptung in dieser Form leicht widerlegbar. Deshalb wollen wir sie hier folgendermaßen modifizieren: es läßt sich ein Verzeichnis aller Kombinationen von drei oder vier nicht identischen Tönen aufstellen, die im vorgegebenen Repertoire der griechisch-europäischen Tonleiter theoretisch möglich sind, und dann kann man diese Kombinationen rangieren nach dem Grad ihrer Ähnlichkeit mit der ersten (untersten) Kombination von drei bzw. vier nicht identischen Tönen, die sich in der Obertonreihe ergibt. Als die weitaus beste dreistimmige Annäherung erweist sich natürlich der Dur-Dreiklang und als die ebenso ohne Konkurrenz zweitbeste sein Gegenstück in Moll. Unter den vierstimmigen fällt Rang eins ähnlich eindeutig dem Dur-Dreiklang mit hinzugefügter kleiner Septime, d.h. dem Dominantseptakkord zu.

Tatsache ist nun, daß unsere Vorfahren, als ein solcher Vergleich zwischen Akkorden aktuell wurde, gerade zu den genannten Kombinationen ein besonderes Verhältnis entwickelten und zu keinen anderen. Welches Motiv hätte wohl ihre Entscheidung in diesem Sinne beeinflussen können? Sagen wir noch einmal, wir definieren die Harmonie des Akkordes nur als relativ kleine Abweichung von der Obertonreihe, denn an wirkliche Identität ist bzw. war real nicht zu denken. Aber nach unseren Prämissen ergibt schon eine derart entschärfte Auslegung des Sachverhaltes eine klare Extremalisierungslinie, nämlich die einer fortschreitenden Minimalisierung* der Unharmonie (= Bereinigung* des Mehrklangs) bis zu den oben aufgezählten Kleinstwerten. Wenn sich also die klassische europäische Musik, sonst gar nicht so abgeneigt der Innovation, dreihundert Jahre lang beinahe ausschließlich nur auf diese drei Typen von Akkorden beschränkte, dann war das offenbar dennoch ein Werk genau jener Homokumulativitätsgier, die allen Menschen den Ton so erstrebenswert erscheinen ließ. Und wie hier werden wir noch oft erleben, daß sich auch ästhetische Phänomene gern als Anhäufungen von Gleichem entpuppen: schön = homokumulativ.

Doch neben solchen »allgemeinen« läßt die Zusammengesetztheit des Informationsklumpens auch ganz spezifische Homokumulativitätsaspekte zu, die sich ohne die Komposition gar nicht denken lassen und für die wir uns ein zusätzliches analytisches Instrumentarium zurechtlegen müssen. Überhaupt ist der Unterschied im Gesamteindruck zwischen den beiden Fundstätten des Homokumulats so groß, daß bisher meines Wissens noch niemand auf den Gedanken gekommen ist, z.B. den Sport und die Kunst auf eine gemeinsame motivierende Grundform zurückzuführen. Bedenkt man jedoch die Rolle der Umgebung des Homokumulats hier und dort, dann werden die jeweiligen Besonderheiten vollkommen logisch und es tritt klar zutage, daß wir es mit zwei divergierenden Ableitungen aus einem einzigen Mutterbegriff zu tun haben, von denen für uns selbstverständlich wieder keine für das »Wesen« der Homokumulativität typischer ist als die andere.

 

Die formale Beschreibung der Komposition. Verlorenes Homokumulat. Intermittierende Rekurrenz. Die Auswahl der Elemente beim Rekurrenzrepertoire. Melodie und Tonleiter als Homokumulationsphänomene. Unterbrechungen des Informationsflusses. Der elementare Stampfrhythmus. Gruppenwiederholung.

Eine Beschreibung der Komposition auf der Ebene der Form (die uns hier interessiert) muß selbst im kompliziertesten Fall mit dem Begriffspaar Identität/Nichtidentität auskommen, denn alle anderen Bestimmungen sind nach unserer Definition zu inhaltslastig. Demgemäß sind unsere »Informationsklumpen« einfach Gebilde, die beide Arten der formalen Relation enthalten, und neu ist dabei die Verschiedenheit, ohne die sich kein richtiges Gefühl der Zusammengesetztheit einstellen kann; Verschiedenheit ist also für eine echte, nichttriviale Komposition unentbehrlich. Am schärfsten kommen die Umstände, unter denen da Identisches angehäuft wird, zum Ausdruck bei einem sogenannten verlorenen Homokumulat – einer einmaligen Wiederholung* eines einzigen Informationselements, die sich gleichsam in die Diversität der Welt verirrt hat. Selbstverständlich ist eine so reduzierte Anhäufung selten CIF-relevant, wir nennen sie eher, weil sie die inselartige Natur aller Homokumulativität fast schon pathetisch unterstreicht.

Die meisten Besonderheiten des Homokumulats in der Komposition lassen sich aber unter zwei großen Prinzipien zusammenfassen, die wir auf den nächsten Seiten wieder vor allem mit Beispielen aus der Musik illustrieren werden, weil uns die musikalische Komposition wohl am besten vertraut ist. Das erste ist das Prinzip der extensionalen Verflechtung der Gleichheit mit der Verschiedenheit im Rahmen einer intermittierenden Rekurrenz*, d.h. einer Wiederkehr der gleichen Information* nach soundsovielen (freilich nicht zu vielen) anderen, die sich räumlich, zeitlich usw. dazwischenschieben. In diesem Zusammenhang müssen wir darauf hinweisen, daß der primäre Anhäufungsaspekt der Menge eigentlich ganz automatisch derartige Rekurrenz und mit ihr irgendeine Form der Verschiedenheit impliziert, denn die Immediatwiederholung einer in sich variationsfreien Homokumulationseinheit führt zwangsläufig zu ungegliederter Ausdehnung: ohne den Unterschied kann man eben nichts unterscheiden.

Die Homokumulativität der intermittierenden Rekurrenz hat viele Gesichter. Zunächst ergibt ein mehr als zweimaliges Auftauchen der gleichen Information eine Rekurrenzreihe*, und die dadurch entstandene Verkettung lädt geradezu ein zu einer Einflechtung anderer, ebenso intermittierender Rekurrenzreihen*, bis schließlich jeder* Punkt des Informationsklumpens in eine solche Reihe fällt. In diesem Extremfall läuft also die Komposition als Syntagma hinaus auf eine reine* Rekombination von Elementen aus einem (nicht zu großen) vorgegebenen Repertoire oder Paradigma. Ihre schönste Verwirklichung findet diese Möglichkeit zweifellos in der Melodie*, wie ja Rekurrenzphänomene ganz allgemein bei Kompositionen in der Zeit wegen der nichtarbiträren Reihenfolge der Wahrnehmung ihrer Elemente besonders deutlich hervortreten. Die Melodie enthält also bei all ihrer nicht ohne Grund betonten Unberechenbarkeit auch eine ganze Menge Homokumulativität, erstens in den einzelnen Tönen* und zweitens in ihren vielfach ineinanderverzahnten Wiederholungen*.

Hier bringt uns übrigens ein reizvoller Abstecher zu der Frage, nach welchen Gesichtspunkten wohl die Elemente für ein derartiges Repertoire ausgewählt werden. Natürlich bleibt manches dabei dem Zufall überlassen, aber nicht selten entscheidet auch in dieser Situation die Homokumulativität der durch die Wahl erschaffenen Relation. Das geschieht schon deshalb, weil man solche Elemente möglichst leicht identifizieren und auseinanderhalten soll, und es ist nicht schwer einzusehen, wie erfolgreich z.B. die Bereinigung der Töne die zwischen bloßen Geräuschen im Durchschnitt recht verschwommenen Unterschiede verschärft. Dieselbe Funktion hat jener einfache Kontrast*, der bei den meisten Elementenpaaren das Verhältnis innerhalb des Paares regelt. Aber noch interessanter wird es, wenn aus einem Kontinuum mehr als zwei Punkte in das Repertoire aufgenommen werden sollen, d.h. wenn es irgendeine »Leiter«, wie eben bei den Tönen, zu begründen gilt. In diesem Fall lohnt es noch ganz besonders, bei der Musik zu verweilen, weil die Relationen zwischen Tönen im Gegensatz zu den meisten anderen einer kulturellen Standardisierung unterliegen, die weit über die einzelnen Kompositionen hinausgreift.

Dabei kommt es allerdings zu einer unbequemen Verwicklung. Im Prinzip sind zwei Wege zur Homokumulation bei der Skalierung des auditiven Frequenzkontinuums denkbar, erstens die Harmonie* der Intervalle, die zumindest bei einigen privilegierten Zweierrelationen tatsächlich die Reinheit einer explizierten Obertonreihe* erreichen kann, und zweitens logarithmische Äquidistanz* als einfache Wiederholung* der Intervallgröße. Nun ist es allem Anschein nach so, daß sich die Äquidistanz im Falle der Tonleiter, anders als bei den Akkorden (wo sie zwar auch gelegentlich den Ausschlag gibt*), zu einer ebenbürtigen Konkurrentin der Harmonie auswächst. Man kann sie also bei der Auswahl der Töne genauso wenig ignorieren wie die letztere, und zugleich lassen sich die beiden auch nicht völlig vereinen, sondern können nur den »besten Kompromiß« anstreben. Bedenkt man diese Rivalität – und dazu die allgemeine Esoterik des Sachverhaltes –, so wird es ziemlich klar, warum die ersten Ansätze zu einer homokumulativen Organisation des Tonrepertoires zwar in einer breiten und auf ein hohes Alter hindeutenden Streuung vorliegen, das weitere Herantasten an sie aber dann ungewöhnlich langsam verläuft und erst im neuzeitlichen Europa mit der gleichschwebenden Zwölftontemperatur* einen bei zwei so kompliziert ineinanderverflochtenen Extremalisierungslinien anzunehmenden Gipfel* des Möglichen erreicht.

Doch zurück zur Rekurrenz. Das unansehnlichste und häufigste Diversitätseinschiebsel ist dabei wahrscheinlich eine Unterbrechung des Informationsflusses (zumindest des thematischen), nach der die gleiche Information von neuem, und das heißt: intermittierend, einsetzen muß. Ein solches Einschiebsel genügt offenbar für die Mengenbildung, obwohl die Komposition recht trivial bleibt, denn es schließt Immediatwiederholung aus. Außerdem können die Rollen aber auch so vertauscht werden, daß gerade informationelle Ereignisse als Diversitätseinschiebsel zwischen rekurrierenden Unterbrechungen* fungieren, wodurch wir bei der Zeit und dem Raum an sich als Quellen der Form angelangt sind. Homokumulativ ist natürlich nur eine gleichmäßige* Zerteilung der beiden durch irgendwelche Begebenheiten, und weil die Gleichmäßigkeit leicht zum Problem werden kann, legt man oft großen Wert auf eine möglichst »exakte« – nach unserer Sprachregelung eigentlich eher reine* – Wiederholung des Abstandes. Wenn wir ganz genau sein wollen, kann sogar dreierlei rekurrieren: Ereignisse (in irregulären Abständen), Abstände (zwischen verschiedenen Ereignissen) oder beides*, was zur sogenannten Periodizität* führt.

Das beste Beispiel für die dritte Möglichkeit ist ein weiteres Grundphänomen der Musik, nämlich der elementare Stampfrhythmus*. Dieses Gebilde ist zwar praktisch eine reine Anhäufung von Gleichem ohne eingebaute Verschiedenheit und deshalb als Komposition zu primitiv, um wirklich hierher zu gehören, aber es kommt ja auch nur bei sehr kleinen Kindern allein vor und dient im übrigen als eine typische Kom-ponente, nämlich als eine steife, vorgestanzte Ereignisschablone – deshalb nennt es sich nun »Metrum«* oder »Maß« –, mit der dann der eigentliche Rhythmus als die für eine konkrete Komposition spezifische zeitliche Gestalt der Schallereignisse allerlei Späße treibt: manchmal schweigt er zu ihren Aufmunterungen und manchmal quasselt er ihr unermüdlich zwischendrein, wenn er nicht sogar eine offene Polemik gegen sie vom Zaun bricht (Triolen, Synkopen, Swing usw.), damit die Verschiedenheit in den Abständen als solchen ja nicht zu kurz kommt. Doch die Schablone ist für uns trotzdem sehr wichtig – so wichtig, daß wir sie uns selbst dort, wo viele von ihren Punkten akustisch unmarkiert bleiben, im Geiste dazudenken*. Dem elementaren Stampfrhythmus können wir nämlich noch viel weniger widerstehen als dem Ton, obwohl sich über das dafür verantwortliche Motiv streiten läßt: viele würden seine Anziehungskraft eher aus der Erinnerung an den Herzschlag der Mutter ableiten als aus seiner Form.

Und schließlich müssen wir in diesem Kontext noch die Wiederkehr einer ganzen Gruppe* von verschiedenen informationellen Ereignissen und/oder Abständen zwischen ihnen erwähnen. Hier führt schon die Immediatwiederholung zur Mengenbildung, weil sich das Ende einer solchen in sich gegliederten Homokumulationseinheit deutlich genug vom Anfang der nächsten abhebt; von den einzelnen Elementen der Gruppe müßte es also auch in diesem Fall heißen, daß sie ineinanderverzahnt rekurrieren, obwohl das höchstens bei einer regelmäßigen Alternation*, sagen wir beim Triller* oder beim Zweivierteltakt*, tatsächlich so erlebt wird, während schon z.B. bei zerlegten Dreiklängen* die Gruppe als Ganzes und die exakte »Nachahmung«* dieses Ganzen in den Vordergrund rückt. Selbstverständlich können entsprechend einprägsame Gruppen aber auch nach längeren Zeitspannen wiederkehren, d.h. als solche rekurrieren – von der musikalischen Anapher* über die »wörtliche Anführung« eines ganzen Themas* bis zum streng periodischen* Refrain*. Gruppenwiederholung ist offenbar eine recht effektvolle und beliebte Art der Anhäufung von Gleichem inmitten der Verschiedenheit, man denke nur an Ornamentmuster*. Es gibt sie auch in umgekehrter Reihenfolge (abc cba), also symmetrisch* um einen Raum- oder Zeitpunkt herum. Allerdings ist diese Variante gerade in der Musik weniger prominent.

 

Teilwiederholung. Das Schicksal des musikalischen Themas. Anhäufung von Gleichem in der Veränderung. Wieviel Verschiedenheit enthält ein Kontrast. Der fließende Übergang als Alternative.

Die Alternative zur extensionalen Verflechtung und damit die zweite große Besonderheit des Homokumulats in der Komposition ist eine intensionale Überlagerung der Identität und der Nichtidentität in derselben Zweierrelation. Was dabei herauskommt, ist eine unvollständige, eine bloß partielle Wiederholung*, und möglich wird das ganze durch die Multidimensionalität der informationellen Ereignisse, auch schon der auditiven: während sich einige Parameter bei jedem Ereignis ändern, bleiben andere konstant und allen Ereignissen, die zu einer bestimmten Teilwiederholungsreihe gehören, gemeinsam als an sich durchaus reine* Anhäufungen von Gleichem. Dabei kann grundsätzlich jeder Parameter beide Funktionen übernehmen, was eine unerschöpfliche Vielzahl von Kombinationsmöglichkeiten ergibt.

Aus dieser Fülle können wir hier nur einige besonders notorische Fälle herausgreifen. Sehr deutlich verkörpert die homokumulative Komponente einer Teilwiederholung z.B. ein Ton, auf den man in zwei verschiedenen Akkorden stößt*. Solche Töne dienen oft als »Pivots«, die einen harmonischen Übergang formal begründen sollen (bis hin zum Orgelpunkt*), und weitergeführt wird dieselbe Idee durch Vorhalte* und Antizipationen*, die den Übergang in zwei oder drei Stufen mit je zwei* oder drei* Pivots zerlegen. Vor allem aber müssen wir uns an dieser Stelle mit dem Zusammenspiel der Gleichheit und der Verschiedenheit im Rahmen der rhythmisch-melodisch-harmonischen Gestalt eines musikalischen Themas befassen. Bei einer strengen Imitation* wird dieses Thema nur unwesentlich variiert – sagen wir durch eine andere Instrumentierung oder die Unterlegung eines anderen Wortlauts (Strophenlied*), und sinnverwandte Verfahren sind auch die Sequenzierung* und der synchrone Parallelismus* mit seiner auffälligen Intervallkonstante*. Daneben gibt es jedoch eine ebenso mächtige Tradition der relativ freien Veränderung, bei der nur Teile der genannten Gestalt erhalten bleiben: so etwa bei einer Jazzimprovisation* das Metrum* und das harmonische Schema*, bei einer klassischen Variation* das letztere plus die allgemeine melodische Linie*, und noch größere Freiheiten (auch im Weglassen, Hinzufügen usw.) erlaubt sich die thematische Arbeit* in einer Fuge* oder Sonate*, die eigentlich schon zu jenen nicht mehr morphologisch kodifizierten Außenbezirken überleitet, wo der gemeinsame Nenner einer musikalischen Teilwiederholung immer esoterischer und flüchtiger wird und schließlich nur noch von einem Spezialisten mit Mühe identifiziert werden kann.

Doch Homokumulativität findet man nicht nur im gleichbleibenden Teil einer partiellen Wiederkehr, sondern auch in der dabei implizierten Veränderung. Eine Möglichkeit der Anhäufung von Gleichem gerade durch den Unterschied kennen wir ja schon: ich meine den Kontrast und seine eventuelle Verstärkung durch eine scharfe Kontur (im Falle einer immediaten Teilwiederholung). Auch diese Möglichkeit gehört zu jenen Primäraspekten, die wir im Lichte der Komposition noch einmal überdenken müssen. Wir stellen uns den Kontrast so vor, daß er eine Reihe von Übergängen in sich intensional »komprimiert«, und Übergänge zwischen zwei Sachverhalten sind nur bei einer gewissen Grundverwandtschaft denkbar. Der zweite Sachverhalt wird also durch den ersten zum Teil vorbestimmt, oder mit anderen Worten, ein konträrer Gegensatz enthält weniger Verschiedenheit (weniger metrische Information) als einfache Andersartigkeit; hinter der großen Geste der scheinbar radikalen Distanzierung wird – wie es bereits viele bemerkt haben – ein störrisches Hängen am Ausgangspunkt sichtbar. Kurzum, Kontrastieren bedeutet immer eine Art Teilwiederholung.

Selbstverständlich müssen wir dabei berücksichtigen, daß der Anteil der Gleichheit am Kontrast stark variiert. Überwiegt die Verschiedenheit so klar wie bei einem abrupten* Ein- oder Aussetzen eines kräftigen Schalls in der Rolle des Gegenspielers der Stille* (beim Stakkato* fungieren die Töne sogar als »Doppelkonturen«* zwischen zwei Stillen), dann wird der Tatbestand der Teilwiederholung natürlich leicht übersehen. Typischer sind da wahrscheinlich Beispiele vom anderen Ende der Möglichkeitsskala, bei denen die Extremalisierung des Unterschiedes einen einzigen Parameter der Information erfaßt, während sich alle anderen wiederholen – man denke nur an das musikalische Echo*, das uns unter anderem vielleicht am schönsten die scheinbar paradoxe sekundäre Homokumulativität eines piano* bzw. pianissimo* (beruhend auf dem Gegensatz  zu der primär-primitiven Intensität des Schalls) vor Augen führt. Ganz allgemein ist eine Teilwiederholung mit Kontrast eine »zweifache« Anhäufung von Gleichem, die sich aber trotzdem ihre innere Verschiedenheit bewahrt hat, und demzufolge wieder ein geradezu ideales Homokumulat in der Komposition.

Daneben kann die Veränderung allerdings noch auf eine ganz andere, um nicht zu sagen: umgekehrte Art und Weise eine homokumulative Ausprägung erhalten, nämlich durch einen fließenden Übergang*. Der fließende Übergang besteht aus einer kontinuierlichen Serie von möglichst kleinen – und schon deshalb ungefähr gleichen* – Veränderungen, die einzeln betrachtet mit einer reinen Wiederholung in allen Parametern* liebäugeln, sich aber in der Summe durch extensionale Anhäufung* von solchen minimalen Unterschieden dennoch ganz schön zusammenläppern, so daß der Endwert klar mit dem Anfangswert kontrastiert* (nur eben ohne eine dramatische Kontur, ohne eine »Knickstelle«). Und das bedeutet nichts anderes, als daß hier die in unserer Definition des Kontrastes postulierte potentielle Übergangsreihe beinahe demonstrativ entfaltet, ja breitgewalzt wird, was offenbar zu einer außergewöhnlich anschaulichen Art der Homokumulation führt. Auch für den fließenden Übergang findet man das beste musikalische Beispiel wahrscheinlich in der Dynamik  mit dem crescendo* als einer neuen Spielart der uns schon bekannten Steigerung* und dem sekundär homokumulativen diminuendo*. Zu erwähnen sind aber wenigstens noch das Paar accelerando*/ritardando* sowie allerlei Läufe*.

 

Die Homokumulativität des Informationsklumpens als Ganzen. Einheitlichkeit. Der Tonikdreiklang als homokumulatives Skelett. Aber das Prinzip der Summation ist das einzige, das jede Spur der Anhäufung erfaßt. Worauf muß man dabei achten.

Besonders aktuell wird bei solchen Kompositionen die Frage, was man zusammenfassend über die Homokumulativität des Informationsklumpens als Ganzen sagen soll.

Zunächst scheint sich als Antwort darauf ein ganz bestimmter Be-griff aufzudrängen, nämlich die althergebrachte Formel von der Einheit oder Einheitlichkeit*. Darunter wollen wir im folgenden eine Teilwiederholung (»Einheit-in-der-Vielfalt«) verstehen, die allen – aber wirklich allen – Elementen des Informationsklumpens einen oder mehrere konstante Parameter* beschert. Auf den ersten Blick müßte man damit eine ganze Menge anfangen können; vor allem ist man versucht, durch die Hervorhebung dieses Begriffs die Autorität der ästhetischen Tradition für sich einzuspannen. Doch der tatsächliche Ertrag läßt viel zu wünschen übrig, obwohl man der Bezeichnung nicht alle Nützlichkeit absprechen kann. Ein gewisses Maß von Einheitlichkeit wird man in einer Komposition wahrscheinlich schon deshalb immer finden, weil man ohne jede Spur dieser Eigenschaft keinen Grund hätte, den Klumpen als Klumpen, d.h. als ein zusammenhängendes Ganzes aufzufassen. Allerdings handelt es sich dabei meist um ziemlich elementare und selbstverständliche Gemeinsamkeiten, an die wir normalerweise keinen Gedanken verlieren. Manchmal genügt schon eine bloße räumlich-zeitliche Koinzidenz der Informationselemente, und wenn etwas, was als Komposition für ein bestimmtes Musikinstrument begonnen hat, auch so zu enden verspricht, dann wird damit bereits eine ganze Reihe von derartigen Konstanten (Tonhaftigkeit, Tonrepertoire, Klangfarbe usw.) vorausdeterminiert. Insgesamt kann man dadurch bestenfalls einen kleinen Teil der in einer Komposition tatsächlich zu beobachtenden Homokumulativität erfassen, und die formale Bedeutung einer solchen Einheitlichkeit ist oft äußerst begrenzt. Gäbe man sich also mit diesem Begriff zufrieden, so würde man von dem eigentlichen Reichtum der Form des Informationsklumpens wohl nicht sehr viel mitbekommen.

Bei laxem Gebrauch bezieht sich der Ausdruck »Einheitlichkeit« übrigens nicht selten auf einen Tatbestand, den wir hier lieber als homokumulatives Skelett* bezeichnen werden. Ein homokumulatives Skelett ist eine aufgelockerte, intermittierende Rekurrenz* (zumindest eine partielle), die die ganze Komposition beherrscht. Es unterscheidet sich also von der Einheitlichkeit dadurch, daß es in seinen Zwischenräumen – und in seiner Umgebung – Informationen zuläßt, die in den für das Skelett charakteristischen Parametern eigene Wege gehen, d.h. bei dieser Anhäufung von Gleichem nicht mitmachen. Korrekt wäre es offenbar, ein solches Gerüst als eine zweite Etage der Form oberhalb der Einheitlichkeit zu interpretieren. Um den Informationsklumpen beherrschen zu können, muß es sich freilich dem Beobachter wirklich tief einprägen, und das wird auf verschiedene Weisen erreicht, unter anderem z.B., indem die rekurrierenden Informationselemente bestimmte Schlüsselpunkte der Komposition besetzen. Zu solchen Punkten gehören vor allem der Anfang der Komposition und, wahrscheinlich noch wichtiger, ihr Ende. Eine Wiederholung an diesen beiden Stellen ergibt einen zeitlichen oder räumlichen Rahmen* als den einfachsten Sonderfall des homokumulativen Skeletts.

Wie alle Rekurrenzen spielt auch die gerüstartige in der Musik eine besonders wichtige Rolle. Ich denke dabei in erster Linie an den Tonikdreiklang* als das Skelett einer harmonisch definierten Tonalität. Die tonal angelegte Komposition beginnt mit ihm (oder identifiziert ihn wenigstens sehr schnell), wird ihm dann mit anderen, d.h. mit ihm nicht identischen Mehrklängen untreu und läßt sich oft auf ziemlich wilde harmonische Abenteuer ein, kehrt aber doch immer wieder – und vor allem am Ende – zu ihrer ersten Liebe zurück*, und diese Erfahrung führt zu einer gewohnheitsmäßigen Erwartungshaltung: alle anderen Harmonien einer solchen Komposition verlieren ihre »Schlußkraft«, d.h. ihnen muß noch etwas folgen, sie weisen unruhig und spannungsgeladen* über sich selbst hinaus, und erst die Wiederkehr des Tonikdreiklangs bringt einen in sich ruhenden Punkt, der unsere Erwartung stillt und die Spannung auflöst*. Noch zusätzlich dramatisiert wird der sich daraus ergebende Sog durch sogenannte Leittöne, die in einem derartigen Kontext besonders ungeduldig zum Tonikdreiklang hindrängen, bzw. durch Akkorde, die Leittöne enthalten – das erklärt die Vorrangstellung des Dominantseptakkords –, oder gleich ganze Folgen von solchen Akkorden (bei einigen Typen der Kadenz). All das verleiht dem Ende eines harmonisch-tonalen Musikstücks einen Grad von formaler Begründung*, gegen den sich alle anderen Entschlüsse aufzuhören geradezu wie Akte purer Laune und Willkür ausnehmen.

Sicher halten »Skelett« und »Einheitlichkeit« zusammen schon etwas  mehr Homokumulativität fest als nur die letztere von diesen beiden (außer natürlich bei Kompositionen ohne ein nennenswertes Gerüst), aber für unsere Bedürfnisse ist die Ausbeute noch immer entschieden zu mager. Analysiert man ein längeres Musikstück genau, so kommt man leicht auf Hunderte von Anhäufungen von Gleichem, von denen sich keine ohne Substanzverlust auf andere zurückführen läßt; die Informationsklumpen, von denen wir sprechen, erscheinen meist besät mit zahlreichen Körnchen und Äderchen einer Homokumulativität, die sich vor allem im Detail ausleben kann, und aus vielen Zeugnissen geht hervor, daß auch, ja gerade solche Einzelheiten formal begeistern. Meines Erachtens gibt es nur ein theoretisches Modell, das dieser Erfahrung und mithin der wirklichen Natur des Homokumulats in der Komposition gerecht wird, nämlich die Annahme, daß sich die motivativen Effekte von mehreren verschiedenen  Homokumulaten innerhalb derselben Komposition summieren. Und dieses Modell versetzt uns endlich in die Lage, zumindest grundsätzlich jede Spur der Anhäufung von Gleichem im Rahmen eines solchen Informationsklumpens zu berücksichtigen.

Dabei ist der Begriff der Summation für uns keineswegs neu – wir schlagen nur vor, daß man Homokumulate in der Komposition ähnlich behandeln soll wie verschiedene konjunktive Homokumulationsrichtungen oder »Aspekte« bei einem einfacheren Sachverhalt. Gewiß hat diese Erweiterung ihre Besonderheiten und Tücken, doch sind es anscheinend nur solche, die nicht das Wesen der Summation berühren. Erstens ist hier die Anzahl der Summande manchmal um ein vielfaches größer als z.B. bei der Hervorbringung einer elementaren Wirkung, aber das macht nichts, weil es in dieser Hinsicht wahrscheinlich kaum Begrenzungen gibt. Und zweitens haben wir schon bei der Hervorbringung von elementaren Wirkungen verschiedenen Homokumulativitätsaspekten nicht etwa die Bedingung auferlegt, daß sie sich alle genau auf dieselben Informationen beziehen müssen; schon dort war neben der intensionalen Überlagerung auch ein extensionales Nebeneinander von Summanden möglich. Hier rückt also diese Komponente nur noch etwas stärker in den Vordergrund (obwohl auch reine Überlagerungen nicht fehlen), und außerdem kommt es zu vielen Mischformen zwischen Extension und Intension, z.B. zu ineinanderverzahnten Rekurrenzen oder zu einer Begegnung verschiedener Teilwiederholungsreihen im selben Punkt. Dadurch wird es vollends unmöglich, beide Arten der Koexistenz von Summanden schön sauber voneinander zu trennen, und gerade diese Unmöglichkeit beweist am deutlichsten, wie sinnlos es wäre, ihnen grundsätzlich verschiedene motivative Auswirkungen zuschreiben zu wollen.

 

Ein scheinbares Paradox: Bewirkung von Verschiedenheit aus Homokumulativitätsgier. Das Experiment mit dem Orchester. Extremalisierungslinien ohne Ende. Wieviel Form verlieren wir durch die Komposition und was bekommen wir dafür. Die Vorliebe für komplexe Informationsklumpen und ihre gelegentliche Verneinung.

Nach allen diesen Überlegungen können wir uns nun einem Problem zuwenden, das sich im Zusammenhang mit der Komposition als entscheidend erweist. Wie kommt es eigentlich, daß Informationsklumpen der oben geschilderten Art nicht nur passiv hingenommen, sondern sogar eigens im Auftrag der Homokumulativitätsgier hervorgebracht werden (im Sinne einer instrumentalen Bewirkungshandlung zum Zwecke der Form)? Auf den ersten Blick sollte ein Homokumulativitätsjäger dabei gemäß unserer Grundhypothese alle seine Kräfte auf die nackte Anhäufung von Gleichem konzentrieren und sich sonst um nichts kümmern, wie es bei den bisher behandelten Wirkungen grundsätzlich der Fall war. Warum wird also hier auf einmal auch die Umgebung des Homokumulats mitgeliefert, oder anders gesagt, warum erfaßt der Wille zur Bewirkung bestimmte Elemente jener Verschiedenheit, die an und für sich eindeutig nicht formal motiviert? (Informationsklumpen ohne genügend Homokumulativität oder Neuheit sind für uns erfahrungsgemäß uninteressant, und das hat auch seinen funktionalen Sinn, denn voneinander verschieden ist alles, was nicht zufällig gleich ist, d.h. die Verschiedenheit wäre wegen ihrer praktisch nicht vorhandenen Filtrierkraft kein geeigneter Ausgangspunkt für eine generelle Repertoirestrategie. Aus seiner Reserve hervorlocken kann den Menschen erst die Extremstufe dieser formalen Eigenschaft, nämlich eben die Neuheit, aber wir denken hier an jene zahllosen bewirkten Kompositionen, die keine aufsehenerregende Neuheit enthalten, sondern nur »gewöhnliche« Verschiedenheit, und bei solchen Kompositionen kommt als Auslöser der CIF-Konsummation lediglich die Homokumulativität in Betracht.)

Die Antwort auf diese Schlüsselfrage beginnt mit einem kleinen gedanklichen Experiment. Nehmen wir an, wir könnten ein Orchester überreden, uns statt einer ganzen Symphonie einen einzigen variationsfreien Ton von derselben Länge vorzuspielen. Was hätten wir damit formal gewonnen? Die zeitliche Extensität eines solchen Tons wäre sicher ungemein groß, tausendmal größer als die der meisten symphonischen Töne, aber wir würden uns darüber alles andere als freuen – Konsummationswert hätte das Gebilde höchstens für einen reichlich verschrobenen musikalischen Mystiker. Ist also die gesamte Theorie des Homokumulats falsch? Nur wenn man sie nicht aufmerksam genug gelesen hat. Nach unserer Auffassung geht es nämlich bei der Anhäufung von Gleichem nicht um absolute Quantität, sondern um Extremalität; erst diese darf uns motivieren, und zwar aus ähnlichen Gründen wie im Falle der Verschiedenheit. Und wie lange muß ein Ton vom Orchester erzeugt werden, damit seine Dauer die Extremalitätsbedingung erfüllen wird: eine Minute? Eine Stunde? Eine Woche? Oder allgemein gefragt, wieviel ist äußerst viel? Zum Glück haben wir schon irgendwo erwähnt, daß man aus der Quantität kaum auf Extremalität schließen kann. Es gibt mengenmäßig ganz kleine, aber auch ins Riesenhafte ausufernde Extreme, und gerade mit unserem imaginären Orchester verstricken wir uns da in Schwierigkeiten, die in dieser Hinsicht recht charakteristisch sind: wie hoch wir auch die Extensität des hervorgebrachten Tons ansetzen, sie will uns nicht wirklich extrem vorkommen, ihr Maximum weicht uns beharrlich aus (denn die Musiker können ja einander ablösen) und verschwindet in einer praktischen Unendlichkeit, und alles, was wir durch seine Verfolgung erreichen, ist jene neurophysiologisch bedingte Sättigung, die sich bei einer solchen Mono-tonie erfahrungsgemäß sehr bald einstellt. Kurzum, das Orchester und wir würden bei unserem Experiment nur viel Zeit vertrödeln und sonst gar nichts.

Damit haben wir wohlgemerkt eine Gesetzmäßigkeit skizziert, die man bei allen extensionalen Aspekten der Anhäufung von Gleichem recht oft am Werk sehen kann und deren negative Konsequenzen nicht nur elementare Wirkungen erfassen, sondern auch Kompositionen, wenn diese vom Verhaltenssubjekt als »zu ein-fach« eingestuft werden, d.h. die extensionale Homokumulation einer einzelnen Information zu sehr in den Mittelpunkt stellen, wo sich das formal nicht lohnt, weil sich die Anhäufung nach Belieben ausdehnen und ebendeswegen nicht oder wenigstens nicht innerhalb einer vernünftigen Zeitspanne extremalisieren läßt: nirgends im überschaubaren Abschnitt ihrer Aufblähungslinie gibt es einen Punkt, an dem sich der Bewirker durch eine deutliche Verschärfung des Weltwiderstandes gebremst fühlen würde, und ein solches Stocken ist wahrscheinlich ein unersetzliches Signal für die Nähe des Maximums. Bei den bisher erörterten Bewirkungen war das typischerweise ganz anders; wir stellten z.B. dem Opernsänger genau dieselbe Aufgabe wie unserem geduldigen Versuchsorchester, und schon kam lustvolle Spannung auf, schon wurde die Mono-tonie von Sekunde zu Sekunde aufregender – warum: weil die empirische Grenze des Möglichen rasch näher rückte und die Identifikation des Extrems keine Schwierigkeiten bereitete. Hier hatte also die Extensivierung einer unterschiedsfreien Information einen klaren formalen Sinn, ungeachtet der Tatsache, daß sie zur Aufhebung bzw. Trivialisierung der Komposition führte. Es gibt aber Fälle, ja ganze Informationsbereiche, in denen sich dieser Sinn verliert, und gerade solche Bereiche sind die Heimat der zusammengesetzten Wirkung.

Nun stimmt es zweifellos, daß Extensivierung von einem und Komposition direkte Antagonisten sind und einander logisch ausschließen. In der Komposition werden die Homokumulate nicht nur vorn und hinten durch andere Informationen eingeengt, ähnlich fremdartige Einschiebsel machen sich auch zwischen ihren einzelnen Elementen breit (= Rekurrenz) oder überlagern sie einfach, wodurch es zu einer »Maskierung« der Homokumulation kommt (= Teilwiederholung). Wegen dieser Expansion der Verschiedenheit sind die Anhäufungen von Gleichem in Informationsklumpen extensional viel kleiner – oder zumindest weniger auffällig – als bei einer elementaren Wirkung von derselben Größe, was auf den ersten Blick einen schwerwiegenden Formverlust impliziert. In Wirklichkeit ist es jedoch so, daß uns die Komposition nur bestimmte Sackgassen der Extremalisierung zu vermeiden hilft, also kann von einem Opfer keine Rede sein. Und was noch mehr zählt, die Zusammensetzung hat für unsere Form auch gewisse positive Folgen.

(1) Zunächst sollten hier jene Homokumulativitätsaspekte erwähnt werden, die von der extensionalen Begrenzung unberührt bleiben, weil sie auf engstem Raum extremalisiert werden können wie z.B. die intensionale Reinheit des Tons, der schon jeweils Zehntelsekunden genügen, um einer tonhaften Komposition den unverwechselbaren Stempel eines straffen, bis zum letzten Detail durchgreifenden Ordnungsprinzips aufzudrücken.

(2) Vor allem aber gibt es zahlreiche Anhäufungsrichtungen, die dank der Verschiedenheit überhaupt erst möglich werden. Die meisten davon kennen wir bereits: die Komposition ist der ideale Nährboden für allerlei Kontraste, scharfe Konturen, fließende Übergänge, Gruppenwiederholungen und ähnliche Formphänomene.

(3) Doch das ist noch immer nicht alles. Wie gesagt, enthält ein Informationsklumpen oft viele verschiedene Homokumulate, und es besteht kein Grund, warum ihre Anzahl nicht auch selber als eine Anhäufung von Gleichem nach allen Regeln unserer Definition funktionieren sollte. Das Ergebnis ist eine Anhäufung von Anhäufungen oder ein Meta-Homokumulat*. Seine Homokumulativität ist im Prinzip eine Sache der Menge*, also von extensionaler Art, wird aber durch Überlagerung und Verflechtung seiner Informationseinheiten, nämlich der Ortho-Homokumulate, meist stark intensional gefärbt und erinnert in Wirklichkeit eher an Dichte*.

(4) Und dasselbe gilt für die Anzahl aller verschiedenen Informationselemente, die in einem Klumpen vorkommen, ob homokumuliert oder nicht. Je mehr solche Elemente es gibt, desto größer ist offenbar diese Anhäufung von Gleichem, bei der als Basis der Gleichheit gerade die Ungleichheit dient; ihre Extremalisierung wird also – ähnlich wie schon die Extremalisierung des Meta-Homokumulats – durch abwechslungsreiche* Buntheit* und Mannigfaltigkeit* der Komposition gewährleistet, und deshalb werden wir bei ihr von einem paradoxen Homokumulat* sprechen.

Zusammenfassend dürfen wir feststellen, daß unsere »Informationsklumpen« der Anhäufung doch viel bessere Möglichkeiten bieten, als man ohne Überlegung annehmen würde, und daß durch ihre Hervorbringung oft eindeutig mehr extreme, d.h. motivativ relevante Homokumulativität erzeugt wird als durch eine elementare Wirkung von derselben Größe. Die Komposition bringt also auch aus unserer Sicht eher Gewinn, obwohl wir uns nach wie vor nur für die Identitätsrelation interessieren; im Idealfall versprüht sie gleichsam einen Funkenregen der Form, der uns die fehlende Extensität der Elemente leicht vergessen läßt. Die durch die Zusammensetzung mitgelieferte Verschiedenheit liegt unter diesen Umständen offenbar sehr wohl im Interesse der Homokumulativitätsgier und wird, so sehr das paradox klingen mag, gerade von ihr angestrebt: wenn wir zwischen problemloser Extensivierung und Homokumulativität in der Komposition wählen müssen, entscheiden wir uns mit Vorliebe für einen hinlänglich (aber noch nicht unangenehm) komplexen Informationsklumpen, während wir gegen unzusammengesetzte oder zu einfach zusammengesetzte Informationen vielfach eine deutliche formale Aversion entwickeln, und unsere Bewirkungsbemühungen passen sich eben dieser Gegebenheit an.

Allerdings werden dabei verschiedene Homokumulationsrichtungen miteinander verglichen, und deshalb ist der Vorrang der Komplexität nicht absolut und unerbittlich – es handelt sich nur um einen statistischen Trend, der auch umgekehrte Entscheidungen zuläßt. Töne, die stundenlang tönen, mögen zwar so gut wie nie als Formen konsummiert werden, aber schon bei ähnlich mono-tonen Flächen* wird die Extensität manchmal recht reizvoll, besonders als dramatisierender Hintergrund* einer einsamen Insel des anderen, und endlose Wiederholungen* verkörpern dieselbe Gegentendenz mit noch mehr Erfolg.

 

Der Gegenstand unserer Untersuchung bei Kompositionen. Warum können wir konkrete Wahlakte hier nicht begründen. Wird die Anhäufung überhaupt registriert? Interne und externe Summationsprobleme.

Natürlich wollen wir nicht den Eindruck erwecken, als wären wir für alle Fragen im Zusammenhang mit einem perzeptiven Informationsklumpen zuständig. Der Gegenstand unserer Untersuchung ist ein bestimmter Typ von Bausteinen, aus denen sich solche Klumpen zusammensetzen, und unser Ehrgeiz beschränkt sich darauf, seine Geheimnisse zu enträtseln. Im Grunde werden wir also auch bei Kompositionen dieselbe »Elementenlehre« betreiben wie bisher, nur mit dem Unterschied, daß wir uns hier stärker an die formanalytische Tradition werden anlehnen können. Allerdings bezieht sich das vornehmlich auf die Theorie der einzelnen Künste und auf ein gleichsam technisches Niveau der Analyse; die allgemeine Ästhetik weiß bis heute nicht recht, was sie mit unseren Formen anfangen soll, weil sie sich zu ausschließlich dem Holismus verschrieben hat.

Nun wird der Informationsklumpen sicher als Ganzes wahrgenommen, aber das Faktum der Verklumpung ist an und für sich noch lange kein Motiv für seine Konsummation als Form. Das hätte repertoirestrategisch keinen Zweck, weil wir viel zu vielen Informationsklumpen begegnen, und die Erfahrung bestätigt uns, daß sich das Formverhalten des Menschen auf solche Klumpen beschränkt, die ganz bestimmte Besonderheiten wie z.B. extreme Homokumulativität aufweisen. »Besonderheit« ist jedoch ein Begriff, der nicht das gesamte Phänomen meint, sondern bloß einen Teil davon, ein Element oder einen Aspekt, also eine Kom-ponente des Ganzen. Und diese Komponente wird nicht nur von uns ausgesondert, auch das Verhaltenssubjekt selbst muß sie im Zuge seiner Informationsverarbeitung irgendwo tief unter der Ebene des Bewußtseins isolieren und der Motivationszentrale zuleiten – wie übrigens jede Anhäufung von Gleichem vor dem Einsetzen der Selbstreflexion.

Im Prinzip war das ja schon vor diesen Zeilen bekannt, das Problem lag nur darin, daß eine zufriedenstellende deduktive Definition der von uns thematisierten Besonderheit des Informationsklumpens fehlte (denn die »Redundanz« war dafür viel zu banal), und deshalb war die Besonderheit lediglich einer rein empirischen Betrachtung zugänglich. Durch die Theorie des Homokumulats wird jedoch diese Lücke geschlossen, und das erlaubt uns zweierlei: erstens können wir nun bestehende Formbeobachtungen interpretativ vertiefen, und zweitens können wir sie systematisch vervollständigen. Beides zusammen wird auch unserem zweiten großen analytischen Block bei aller Traditionalität einen starken Anflug von Erstmaligkeit verleihen.

Dabei dürfen wir allerdings nicht verschweigen, daß vor allem die »angewandte« Ästhetik mit dem Resultat nicht sehr zufrieden sein wird. Für sie wäre es nämlich entscheidend zu wissen, warum gerade dieser Informationsklumpen, warum nicht ein anderer, vielleicht sehr ähnlicher, und solche Entschlüsse können wir im Gegensatz zur Auswahl zwischen elementaren Homokumulaten meist nicht mit der gewünschten Präzision begründen. Es ist verhältnismäßig leicht, auf die relative Menge der aktualisierten Homokumulativitätsgier zu schließen, solange diese vor allem vom Grad der Extremalisierung einer einzigen, und zwar in allen Fällen derselben, »kritischen« Anhäufung abhängt, weil man dabei grundsätzlich mit einer unmittelbar einleuchtenden Art von Proportionalität rechnen kann. Bei einem Informationsklumpen ist jedoch der gleiche motivative Effekt gewöhnlich eine Funktion von vielen Variablen, deren Zusammensetzung sich von Klumpen zu Klumpen etwas verändert, und das heißt konkret: schon in sich eine unanschauliche Summe von Einzelwirkungen, die erst als solche mit anderen Summen verglichen wird. Um das Ergebnis zu verstehen, müßten wir offenbar nicht nur die Summe selbst, sondern auch jeden einzelnen von ihren Summanden genau quantifizieren, und daran ist vorläufig nicht zu denken.

Neben den üblichen Schwierigkeiten taucht in diesem Zusammenhang noch die zusätzliche Frage auf, wie viele Homokumulate vom Verhaltenssubjekt überhaupt (bewußt oder unbewußt) registriert werden und im Gesamteindruck eine Spur hinterlassen. Der Analytiker hat natürlich die Zeit und die Mittel, ein tendenziell vollständiges Verzeichnis der in einem Informationsklumpen vorkommenden Anhäufungen von Gleichem aufzustellen, doch in der Praxis wird der Klumpen meist unter ganz anderen Umständen als Form konsummiert, und deshalb darf man mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit annehmen, daß diese Konsummation nicht alle Anhäufungen aus einem solchen Verzeichnis erfaßt. Es bleiben allerdings noch immer so viele übrig, daß sich die Aktualität des einzelnen Homokumulats hier kaum experimentell überprüfen läßt; gewöhnlich reicht unser Wissen nur für die allgemeine Feststellung, daß ein Informationsklumpen eben sehr verschieden »genau« erlebt werden kann – mit der Erfahrung und der Reflexion wird die Anzahl der registrierten Feinheiten immer größer, und der Bewirker des Klumpens kennt ihn ähnlich gut wie der Analytiker (wenn auch auf eine völlig andere Weise).

Dabei haben wir aber noch gar nicht berücksichtigt, daß die Klumpen selbstverständlich nicht nur nach dem Kriterium der Homokumulativität ausgewählt werden; wie bei allen Informationen wird auch bei ihnen noch eine weitere Art des formalen Reizes virulent, nämlich jene Neuheit der Zusammen-setzung, die sich z.B. in der modernen Kunst so sehr in den Vordergrund drängt, und außerdem gibt es für ihre Konsummation allerlei inhaltliche Beweggründe, mögen sie nun als ästhetisch anerkannt werden oder nicht. Im Umkreis der Komposition dürften sich verschiedene Typen von Motiven sogar noch leichter vermischen als bei einer elementaren Wirkung, und deshalb wäre es hier besonders falsch zu vergessen, daß in Wirklichkeit erst die globale Anziehungskraft eines Klumpens über sein Schicksal entscheidet – das »beste« oder »schönste« Kunstwerk zeichnet sich in aller Regel dadurch aus, daß es ihm von dem Motivationspotential aller konsummatorischen Beweggründe zusammen die größte Menge zu aktualisieren gelingt. Ein häufiges Charakteristikum der Mischmotivation bei Informationsklumpen ist übrigens die extensionale Teilung der Einflußsphären: weil der Klumpen so viele Elemente enthält, kann sich jeder an seiner Konsummation beteiligte Beweggrund andere aussuchen. (Das bekannteste Beispiel dafür ist die sogenannte Dekoration oder Verzierung, bei der sich um einen inhaltlich motivierten Kern herum verschiedenste formale Zutaten ansammeln.) Durch diese Spezialisierung wird zwar die Zuordnung im einzelnen leichter als bei einem Zusammentreffen aller Beweggründe im selben Informationselement, aber insgesamt können wir die Summation von verschiedenen Motiven natürlich noch weniger quantitativ durchleuchten als die entsprechenden Vorgänge im engeren Bereich der Homokumulativitätsgier.

 

Abstrakte gegen mimetische Kunst. Das Prinzip der Reproduktion. Reproduktion als Bewirkung. Der Erwartungskontrast aus der Denaturierung. Die Reduktivität der Wiedergabe. Minimale und maximale Bewirkungshandlungen. Magie des Wortes. Komplexe Vorlagen. Ähnlichkeit als Anhäufung von Gleichem. Idealismus und Naturalismus.

Daher verwundert es nicht, wenn uns eine ganz bestimmte Art von Kunst, die man heute »abstrakt« nennen würde (wie z.B. die Instrumentalmusik oder das geometrische Ornament), besonders gelegen kommt. Ihre Information ist nämlich so unbestimmt und assoziationsarm, daß sie kaum nennenswerte inhaltliche Motive mobilisieren kann, was die Identifizierung der Homokumulativitätsgier sicher wesentlich erleichtert. Doch beschränkt sich unser Formverhalten selbstverständlich nicht auf eine so verstandene Abstraktion. Ein guter Beweis dafür ist schon jene mimetische Kunst, die von der heutigen Kunstideologie der abstrakten scharf entgegengestellt wird. Uns geht es hier wohlgemerkt um das allgemeine Prinzip der Reproduktion, und darunter verstehen wir jede solche Wiedergabe einer Vorlage, die deren Komplexität detailliert nachzeichnet. Im einzelnen unterscheiden wir dabei a) den Abdruck unter unmittelbarer Einwirkung des Originals (nicht nur im Kontakt, sondern auch auf Entfernung: Schatten, Spiegelung, Echo, mechanische bzw. elektronische Weltwiedergabe), b) die Nachahmung, d.h. eine sinnliche Rekonstruktion der Erscheinung ohne Einschaltung der Vorlage (vom traditionellen Bild bis zur direkten Rede), und c) die Beschreibung, insbesondere eine erzählende, als Hervorrufung einer anschaulichen inneren Vorstellung mit unanschaulichen Mitteln. In der Praxis treten diese drei Arten der Reproduktion natürlich auch in verschiedensten Kombinationen auf.

Nun hat die Reproduktion einer nichtabstrakten Vorlage begreiflicherweise viel bessere Aussichten darauf, daß sie irgendein inhaltliches Interesse erwecken wird, doch kann ihre Konsummation trotzdem auch formal motiviert sein. Von unserer Warte aus besteht also kein wesens- oder wertmäßiger Unterschied zwischen ihr und der Abstraktion, nur die Klärung der Motivationslage wird bei ihr komplizierter, weil eine vorliegende Reproduktion zu jenen Informationsklumpen gehört, bei denen die formale Ebene der Komposition (die Ebene der Identität und der Nichtidentität der Elemente) von inhaltlichen Relationen überdeckt wird und erst durch Abstrahieren freigelegt werden muß. Nebenbei sei bemerkt, daß es zwischen Reproduktion und Abstraktion auch eine häufige Mischform gibt, nämlich die sogenannte »stilisierte« Reproduktion, gespickt mit abstrakten Einlagen, die an sich wieder nur formal begeistern können. Angesichts dieser Verflechtung wird ein scharfer Trennungsstrich zwischen den beiden Prinzipien besonders sinnlos.

Will man aber den Reiz der Reproduktion wirklich verstehen, so muß man sie als Bewirkung, als Produktion auffassen. In diesem Zusammenhang stellt die Erkennung unseres Motivs nicht mehr ein solches Problem dar: für die Konsummation der Information als Form ist es nämlich völlig unwichtig, was reproduziert wird, es zählt nur der Umstand, daß es geschieht, und das ergibt ein ziemlich verläßliches Unterscheidungsmerkmal. Es lohnt sich also, noch einmal zu unserem ersten großen Thema zurückzukehren; allerdings muß die Homokumulativität der Reproduktion an visuellem Material analysiert werden, weil die entsprechenden auditiven Möglichkeiten – vom Geräusche-* oder Stimmenimitator* bis zur impressionistischen Tonmalerei* – doch etwas zuwenig hergeben.

Die Grundstufe der formalen Auszeichnung bildet dabei die bei ersten Begegnungen oft ausschlaggebende und auch später noch manchmal mitklingende Verwunderung darüber, daß die Reproduktion, in krassem Gegensatz zu unserer Erwartung*, überhaupt zustande kommt*. Besonders berechtigt ist die Verwunderung dort, wo die Information einem nicht nur anderen, sondern auch mehr oder weniger andersartigen materiellen Träger anvertraut, also denaturiert wird (klassisches Beispiel: Skulptur eines Menschen in Stein*). Diese Verschiebung wird gern unterstrichen bzw. extremalisiert* durch die Wahl eines möglichst ungewöhnlichen und seltsamen* Reproduktionsmediums; davon leben mit den Händen erzeugte Schattenbilder an der Wand*, zu Tierformen geschnittene Sträucher*, Figurengedichte* und vieles andere. Außerdem gehört hierher wahrscheinlich auch die »ungewollte Reproduktion« durch natürliche Kräfte, z.B. Knollen, Felsen oder Wolken, die in ihrer Form an Lebewesen erinnern*. Doch vielleicht noch dramatischer wird es bei einer grobkörnigen Nachahmung, die sich, aus zu großer Nähe betrachtet, in ein Gewirr von abstrakten Klecksen auflöst und damit zu mißlingen scheint* (pointillistische Maltechnik*, Mosaik*, Gobelin*, Wappen aus Blumen*, dressierte Massen, die sich zu Propagandabildern formieren*, usw.). Und einen ähnlichen Effekt wie die Denaturierung hat schließlich noch die Reduktivität der Reproduktion, die oft nur einige wenige Dimensionen des Originals berücksichtigt, zum Teil gezwungen durch objektive Machbarkeitsgrenzen, zum Teil aber auch freiwillig, nämlich aus lauter Freude an der thematischen Bereinigung*; das letztere gilt unter anderem für Schattenrisse* und -spiele*, für den Farbverzicht* in der bildenden Kunst und ganz besonders unverkennbar für die Pantomime*.

Im nächsten Stockwerk finden wir hier die Minimalität* der Reproduktion als einer Bewirkungshandlung, die vielfach mit sparsamsten Mitteln* auskommt, keine Mühe* verursacht und/oder sich sogar zu einer einzigen scharfen Kontur* zusammenziehen läßt. Leicht zu erwirken sind unter anderem alle Spielarten des Abdrucks, vom Sandkuchen* des Kindes  und der paläolithischen Handspur* bis zur heutigen Fotoknipserei* oder der graphischen Kunst*. Aus dem Bereich der (denaturierten) Nachahmung ist in diesem Zusammenhang vor allem die Skizze* zu nennen, die mit ein paar flüchtigen Strichen* ohne Korrekturen* (= Reinheit*) in kürzester Zeit* (Schnellzeichner*!) die Ähnlichkeit trifft. Am interessantesten sind jedoch vermutlich die Folgen der Beschreibung: einer scheinbar höchst reduzierten und abstrakten – und selten erschöpfenden – Reproduktion, die aber in Wirklichkeit, ähnlich und noch viel stärker als die Nachahmung, unsere Phantasie zu lebhafter Assoziationstätigkeit anregt, fast so, als würde sie eine Lawine lostreten*, und dadurch zu ungemein intensiven* und reichen* Vorstellungen als Wirkungen führt. Diese Macht des Wortes über den Menschen, oft als seine »Magie«* apostrophiert, kommt beim Kleinkind bekanntlich schon in der Einzahl zum Ausdruck und schürt seine zweckfreie Benennungslust* als eine weitere wichtige Zusatzbekräftigung des Spracherwerbs. Wir Erwachsenen erwarten meist größere Zusammenhänge (»Geschichten«), werden aber dann nicht weniger willige Adressaten und Bewunderer oder sogar Akteure der Erzählkunst* als eines (auch) formalen Genusses.

Andererseits kann die Bewirkungshandlung der Reproduktion allerdings ebensogut durch ihre Maximalität* – Langwierigkeit*, Schwierigkeit* usw. – formal auffallen. Erschwerende Umstände sind schon die Reduktivität und die Denaturierung; überhaupt richtet sich die Reproduktion meist nicht nach ihrem materiellen Träger, sondern tut ihm mehr oder weniger Gewalt an, und das Material »wehrt«* sich selbstverständlich dagegen, d.h. es kommt zu einem regelrechten asymmetrischen Wettkampf*. Hier müßte man nochmals die Bildhauerei* erwähnen, in der dieser Wettkampf eine besonders plastische Gestalt annimmt. Die größten Probleme erwachsen jedoch einem Nachahmer oder Beschreiber aus seinem Ehrgeiz oder aus seiner Gezwungenheit, immer komplexere Themen* zu meistern. So dreht sich praktisch die gesamte Geschichte der europäischen Malerei immer wieder um dieselben »technischen« Fragen: anatomische Richtigkeit*, Porträtähnlichkeit* (äußerlich und charakterlich), perspektivische Raumillusion*, Wiedergabe von Licht durch Farbe* usw. Eine kaum weniger schwierige Aufgabe ist die Reproduktion des Lebens in Bewegung*, von der Schauspielkunst*, dem Puppenspiel* und den Spielzeugautomaten* bis zur Filmaufnahme* oder dem Zeichentrickfilm* (und als Nebenvariante dazu eine besonders verschwenderische* Nachahmung, vom Ausstattungstheater* bis zum Kinospektakel*). Der Gipfel der Komplexität wird aber wieder in der Beschreibung erreicht, von der wir heute, nach vielen Jahrhunderten einer ununterbrochenen Extremalisierung, erwarten, daß sie bei der Interpretation eines Existenzfalls in ungeheure psychologische, soziologische und philosophische Tiefen* vordringen wird.

Und nicht zuletzt wird vom Ergebnis der Reproduktion schon definitionsgemäß Ähnlichkeit mit der Vorlage verlangt. Oder präziser ausgedrückt, als »reproduktiv« können eigentlich nur jene Informationselemente oder -aspekte gelten, die sich auf die nackte Wiedergabe beschränken und keine Ambition entwickeln, vom Original abzuweichen. Natürlich sind solche Elemente genaue Antipoden der Neuheit, und deshalb steht die moderne Innovationsästhetik der Reproduktion im Grunde ratlos gegenüber. Der Theorie des Homokumulats fällt es hingegen nicht schwer, die Originaltreue als eine weitere Erscheinungsform der Anhäufung von Gleichem aufzufassen, mit dem Spezifikum, daß sich das Identitätsverhältnis in diesem Fall nicht innerhalb desselben Informationsklumpens einstellt, sondern zwischen zwei verschiedenen Klumpen. Auch die Extremalisierungslinien liegen klar auf der Hand: die Steigerung der Ähnlichkeit erfolgt durch eine exakte Wiederholung* der Vorlage in möglichst zahlreichen* Details, eine lückenlose* Nachzeichnung und eine reine* Reproduktion ohne andersartige Beimengungen (»nichts auslassen, nichts verändern, nichts hinzufügen«*), wobei der gleiche Perfektionismus* wie gewöhnlich und die Stimmung eines parallelen Wettkampfes* – wer kommt dem Original am nächsten?* – in der Luft zu liegen scheint.

Im Prinzip spielt es dabei aus unserer Sicht keine Rolle, ob die objektive Wirklichkeit oder eine (möglicherweise ziemlich phantastische) »Idee« von dieser Wirklichkeit als Vorlage dient, doch ist die Aufgabe am schärfsten umschrieben und damit der Weg zum Maximum der Ähnlichkeit am längsten und eindrucksvollsten dort, wo die Reproduktion von einem naturalistischen Objektivismus beseelt wird; in solchen Fällen kommt es auch zu der engsten Konjunktion mit der vorhin erwähnten Schwierigkeit der Bewirkung, und zugleich wird bei ihnen am deutlichsten jener inhaltlich-instrumental kaum notwendige, verselbständigte und verspielte Überschuß an Genauigkeit sichtbar, der zumindest für eine CIF-Komponente, wenn nicht für ein reines Formverhalten spricht – von der klassischen Mimesis bis zur heutigen Stereophonie*. Allerdings ist ein derartiger Objektivismus in der Kunst global gesehen eher selten und untypisch, ähnlich wie z.B. der Wunsch nach wissenschaftlicher Erkenntnis.

 

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