dr Grigor Doytchinov
Erhaltung und Adaptierung der Historischen Altstadt von Nablus, Paleastina
Der Druck der ökonomischen Entwicklung und der Wandel in der Kultur bedrohen insbesondere die vernikulare Architektur und die traditionellen Kulturlandschaften. Die traditionelle Lebensweise und der kulturelle Kontext weichen den Modernisierungs- und Globalisierungsprozessen. Diese Tendenz ruft spezifische Probleme für die Adaptierung vernicularer Ensembles und ihre Erhaltung als kulturelles Erbe hervor.
Die Aussagen in diesem Report beruhen auf einem Projekt aus der Praxis - dem detailierten Bebauungsplan und Konzept für die Erhaltung und Adaptierung der historischen Altstadt von Nablus im palästinensischen Autonomiegebiet. Es ist ein Versuch Wege zur Integration von widersprüchlichen Aspekten zu definieren, nämlich die kulturelle Politik der Erhaltung und die soziale Politik der Entwicklung.
Anlaß für das Projektvorhaben war eine Vereinbarung zwischen der „Society for Austro-Arab Relations" und der Stadtgemeinde Nablus im Westjordanland, österreichische Hilfe bei der Erstellung eines Masterplans für die historische Altstadt von Nablus zu leisten. Die einschlägigen Erfahrungen des Internationalen Städteforums Graz und der Technischen Universität Graz, Institut für Städtebau, führten zur Beauftragung an diese zwei Institutionen. Das Projekt wird im Rahmen der Österreichischen Entwicklungshilfe durchgeführt.Zwei ausführliche Berichte über die Altstadt von Nablus sind bereits im ISG Magazin veröffentlicht worden.
Womit die Altstadt von Nablus beim ersten Besuch überrascht ist das enorme Ausmaß an heute noch sichtbarem historischen Bestand und die urbanen Qualitäten. Es sollte noch auf die aktuelle politische und kulturelle Bedeutung der Stadt hingewiesen werden. Die geschichtlichen Ursprünge der Stadt sind auf die Zeit des römischen Imperiums zurückzuführen. Alle folgenden Epochen haben ihre baulichen Spuren hinterlassen.
Die Stadt Nablus hat heute 170.000 Einwohner. Sie liegt an einer ca. 500 m hohen Paßstelle, zwischen Mittelmeer und Jordantal, im Norden und Süden von steilansteigenden Bergen flankiert. Im Westen und Osten fällt das Gelände ab. Im Jahr 72 n.Chr. wurde die Stadt unter römischer Herrschaft, an Stelle noch wesentlich älterer Vorgängerstädte völlig neu als „Flavia Neapolis" angelegt. Aus Neapolis entstand Nablus. Es war eine Stadt mit orthogonalem Straßensystem. Diese Bauphase ist bis heute prägend für Nablus. Nicht nur das Straßensystem hat sich in weiten Teilen aus dieser Zeit erhalten, sondern auch die Trinkwasserversorgung und die Abwasserbeseitigung, die in wesentlichen Teilen immer noch über das römische Leitungsnetz erfolgen. Es haben sich an sehr vielen Stellen in der Altstadt und darüber hinaus römische Fußböden und Mauerwerk in den unteren Zonen der Altbauten erhalten
Innerhalb der einzelnen römischen „Insulae" haben sich in den vergangenen zwei Jahrtausenden kleine, vielfach abgewinkelte und fein verästelte Sackstraßensysteme gebildet. Auch von den ehemaligen römischen Straßen selbst sind viele zugebaut, mitunter sogar mehrfach unterbrochen worden. Die so entstandene Erschließungsstruktur, eine Art „Baumstruktur" ist für die Städte der islamischen Welt sehr typisch. Der Wechsel vom einen zum anderen System zeigt die Interdiertheit der jetzigen Struktur durch ihre Bevölkerung.
Die Altstadt umfaßt ca. 40 Ha und wird auch heute noch durch Natursteinbauten, meistens aus dem 16. und 17. Jahrhundert geprägt. Die Einwohnerzahl wird auf 24.000 geschätzt, bei außergewöhnlich hoher Dichte und ist mit intensiven Handels- und Gewerbefunktionen gemischt. Die Altstadt ist durch eine kompakte Struktur gekennzeichnet. Der archäologische Bestand bildet einen integralen Teil der Architektur. Die Elemente des kulturhistorischen Erbes bilden ein zusammenhängendes System. Das gesamte Gebiet ist gleichzeitig von großer sozialer und wirtschaftlicher Bedeutung.
Die zahlreichen Erdbeben haben der Stadt mehrfach hart zugesetzt. Ruinenreste bedrohen latent die Bewohner der ausgedehnten Souks. Die geschichtlich wertvolle Bausubstanz wird durch unadäquate Neu- und Zubauten bedroht. Das antike archäologische Erbe ist nur teilweise exponiert. Eine vollständige Dokumentation als Ausgangsbasis für eine Auseinandersetzung mit der Baugeschichte ist nicht vorhanden. Das archäologische und architektonische Erbe ist nur in Teilaspekte und Teilbereiche behandelt worden. Manche nichtgesicherte Ruinen bedrohen schon seit 1927 latent die Bewohner und Passanten. Wenn nicht schnell mit gezielten Sanierungsmaßnahmen begonnen wird und ein effektiver Schutz der wertvollen Bausubstanz erfolgt, droht auch das Argument der Sicherheit für Personen zum Argument für den Abbruch mancher Gebäude zu werden. Ein Ring von Neubauten um die Altstadt bedrohen auf ihre Weise die Substanz und die Umgebung der Altstadt.
Ein Sanierungs-, Adaptierungs- und Gestaltungskonzept, sowie generelle, als auch differentierte Richtlinien für Neubauten innerhalb der Altstadt sind notwendig. Aber auch dort, wo alte Bauten nicht mehr gehalten werden können oder neue als extrem störend empfunden werden, und auch für solche im Umraum ist dringend ein Masterplan notwendig.
Die vielen Erdbeben haben auch dazu geführt, daß die gesamte Altstadt heute ein viel höheres Niveau hat als zur Römerzeit. Nach den Erdbeben hat man sich darauf beschränkt, einfach den Schutt in die Straßen einzuebnen und darauf neu zu pflastern. So „sanken" die Erdgeschoße immer tiefer, wurden feucht und wurden mitunter zu Kellern oder zugeschüttet. Das alte aufgehende Mauerwerk diente neuen Bauten als Fundament. So sind auch die Durchgangshöhen vieler überwölbter, bzw. überbauter Straßenabschnitte heute extrem niedrig. Andererseits sind viele ehemalige Hauseingänge heute zugemauert und oft bis weit über einen Meter eingegraben. Bis zum ursprünglichen römischen Straßenniveau dürften es über weite Strecken deutlich mehr als zwei Meter betragen. Durch dieses „Absinken" der Bauten haben sich bei vielen Bauten die Proportionen der Fassaden sehr negativ verändert.
Informationsquellen, aus denen die Geschichte der Stadt zu erlesen ist, sind selten. Eine Reihe von Plänen von der Altstadt mit unterschiedlichen Maßstäben sind fehlerhaft und nicht aktuell. Sehr hilfreich ist ein Luftbild von 1944.
Es ist verwunderlich, daß die Altstadt von Nablus trotz ihres wertvollen baulichen Erbes, welches zweifellos zum Weltkulturerbe gerechnet werden muß, bis dato nicht Objekt systematischer Untersuchung und Erhaltung gewesen ist (sieht man ab von einer sehr guten Dissertation, die allerdings nur einen Teilbereich abdeckt, bzw. städtebauliche Schwerpunkte setzt). In diesem Sinne kann das Projekt als Schritt in ein Neuland eingestuft werden.
Der gezielte Masterplan für die Altstadt von Nablus wird weiter ins Detail gehen müssen als üblich. Er wird unter anderem eine Rahmensatzung für Gestaltungsfragen - eine Art Altstadtgesetz enthalten. Ein Maßnahmenkatalog wird viele Problempunkte bis ins Detail behandeln und konkrete Sanierungsvorschläge anbieten. Außerdem ist die Schaffung einer Kommission vorgesehen, die als zusätzlicher Filter zur Verhinderung ungeeigneter Projekte in das Bauverfahren einzuschalten ist.
Aufgrund der Vorstudie ist die räumliche Abgrenzung der Historischen Altstadt für das Projekt getroffen worden - das gesamte Territorium der Altstadt (40 Ha) wie es heute durch Verkehrsplanung im 20. Jh. begrenzt wird. Hier handelt es sich um die mittelalterliche islamische Stadt und die Gebiete im Umfeld der Altstadt, welche aufgrund archäologischer Befunde als „antik" bezeichnet werden können.
Das Ziel des Projekts ist die Erarbeitung eines Planungsinstruments für die Erhaltung und Erneuerung der Altstadt von Nablus. Das Projektvorhaben korreliert zugleich mit übergeordneten Absichten, die eine Erhaltung und Aufwertung der Altstadt von Nablus zum gesellschaftlichen und kulturellen Zentrum von Palästina, sowie die Entwicklung der Stadt zum Objekt des Tourismus zum Ziel haben.
Das so formulierte Ziel des Projekts begründete folgende Arbeitsschritte:
· Eine erste Orientierung und Beschaffung von Ausgangsinformation - Pläne, Literatur und wissenschaftliche Kontakte mit der An-Najah-University und der neugegründeten Abteilung für Etablierung der Denkmalpflege in Nablus, die Erstellung eines übergeordneten Konzepts für die Erforschung der Altstadt. Diese Aufgabe ist bereits erfüllt worden.
· Vorbereitende Kartierungsararbeiten und Aktualisierung des Katasters für die exakte Bestandsaufnahme. Das Fehlen eines aktuellen Katasters, bzw. der unbefriedigende Zustand der kartographischen Unterlagen sind eine der größten Schwellen auf dem Weg der systematischen Grundlagenermittlung und erfordern enorme zeitraubende Anstrengungen.
· Die Dokumentation des sichtbaren archäologischen Erbes auf dem Gebiet der Altstadt. Ein systematisierender Grundplan, auf dem Kataster und archäologische Befunde korrelieren wurde vom Team als eine vorrangige Aufgabe gesehen.
· Die Ermittlung und Festlegung der Grenzen der historischen Altstadt und der „Empfindlichkeitszone" in ihrem Umfeld. Diese Grenzen wurden aufgrund bereits gemachter archäologischer Befunde, alte Katasterpläne und Luftaufnahmen festgelegt.
· Wichtig schien dem Team den Versuch einer Rekonstruktion der historischen Entwicklung der Altstadt in der Zeit zu unternehmen um die Logik des Wandels der Siedlungsstruktur nachvollziehen zu können.
· Der entscheidende Schritt in der Arbeit ist das Aufstellen eines Systems von Kriterien für die Erhaltung und Erneuerung der Altstadt.
Zu diesem Schritt erlauben wir uns etwas ausführlicher zu berichten, da er viele Widersprüche und Fragen offen hält und zu denen noch keine eindeutigen Aussagen vorliegen.
Prinzipiell ist der empirische Vorgang als treffend ausgesucht worden - es sind viele Gespräche mit Schlüsselpersönlichkeiten der Stadt geführt und inoffizielle Befragungen von Wohnenden und Gewerbetreibenden gemacht worden. Vor allem sind aus der Literatur Erklärungen für traditionelle und aktuelle Tendenzen in der Lebensweise und der Gestaltung des städtischen Milieus ausfindig gemacht worden. Dem Team scheint es wichtig, die aktuellen Bedürfnisse und Wertvorstellungen der Menschen gut zu kennen um jede fachliche Entscheidung durch diese Prisma zu führen. Einen Erfolg für das gesamte Vorhaben versprechen wir uns nur, wenn der Erhaltungsgedanke zu einer bewußtgewordenen Notwendigkeit der dort lebenden und arbeitenden Menschen wird.
Wir möchten uns mit diesem Gedanken näher auseinandersetzen. Die Idee der Erhaltung der Altstadt, dh. die Einsicht, daß die historische Altstadt Qualitäten besitzt, die für die gesamte Stadt vom Nutzen sein können entspringt der hohen politischen Ebene der Gemeinde. Mit anderen Worten - die Arbeit für die Altstadt genießt politische Unterstützung. Mit Beschlüssen des Bürgermeisters von Nablus - eine aktive und einflußreiche Persönlichkeit - sind bereits alte städtebauliche Planungen, die auf die totale Flächensanierung beruhten abgewendet worden. In unserer Arbeit stoßen wir auch alltäglich auf das Verständnis bei Persönlichkeiten aus der Verwaltung, der Wirtschaft und vor allem der Bildung und Kultur. Dies ist zweifellos eine Notwendige Voraussetzung um das Thema der Altstadterhaltung und -entwicklung über ein Projekt behandeln zu können, das in Zukunft die Politik der Gemeinde stark beeinflussen kann. Mittlerweilen sind viele Straßen und öffentliche Räume mit Geldern der Entwicklungshilfe konserviert oder gestaltet worden.
So positiv diese ersten Schritte und Entscheidungen zu sehen sind, ist es ersichtlich, daß die Bemühungen der Verwaltung auf die Grenzen des privaten Eigentums stoßen, dh. auf die Grenzen dessen, was im eigentlichen Sinne zu erhalten und adaptieren ist. Sicherlich ist es so, daß die Erneuerung des öffentlichen Raums und mancher Bauten, die in Besitz der öffentlichen Hand stehen zum positiven Image der Altstadt beitragen. Überbewerten sollte man dies aber auch nicht. Es sollte nicht vergessen bleiben, daß der öffentliche Raum für das europäische Auge bei weitem höheren Rang genießt als dies in der islamischen Welt der Fall ist. In der jahrhundertealten vom Islam geprägten Lebensweise und dem Aufbau der Städte genießt der öffentliche Raum bei weitem nicht diese Bedeutung, die ihr in der europäischen Stadt zukommt. Im Falle der Altstadt von Nablus ist die Bedeutung der Aktivitäten für die Erneuerung der Straßen nicht in eine Tradition des gesellschaftlichen Lebens im Straßenraum zu suchen, sondern in der Notwendigkeit Raum für die Spielenden Kinder zu schaffen, dh. ein soziales Problem, das durch die Überbevölkerung der Altstadt zu suchen ist und zwar mit Familien, die eine auch für palestinänsische Verhältnisse überdurchschnittliche Anzahl von Kindern haben. Sehr charakteristisch in diesem Zusammenhang ist die Umgestaltung von Ruinenfeldern in Plätze, um den Wohnenden freien Raum zum Flüchten im Falle eines Erdbebens zu sichern. Hier stehen wir vor einem Problem, dessen Lösung die fachlichen Vorstellungen übergreift - auf der einen Seite das fachliche Ziel die Gestalt der Stadt in ihrem optimalen Zustand (die Zeit des Osmanischen Reichs) zu rekonstruieren und auf der anderen Seite diese fachlichen Überlegungen aktuellen Bedürfnissen des Alltags zu opfern. Wir stehen vor dem Widerspruch zwischen dem Erhalten und Rekonstruieren des optimalen geschichtlichen Zustands und dem Adaptieren an Bedürfnissen der Sicherheit der Bevölkerung. Wahrscheinlich wird hier die eiserne Logik der Fachleute den aktuellen urbanen Lebenswandel weichen müssen.
Wir stoßen auch auf ein Problem, daß durch den sozialen Wandel, der sich im letzten Jahrzehnt in der historischen Altstadt vollzogen hat hervorgerufen ist. Es ist eine Tendenz der Umschichtung der Bevölkerung in der Altstadt zu beobachten - die Eigentümer verlassen die Altstadt auf der Suche nach modernen Lebensverhältnissen, die ihnen in den neuen Wohnbauten außerhalb der Altstadt angeboten werden. An ihrer Stelle mieten sich Familien aus meistens ärmeren Verhältnissen ein.
Aus dieser Entwicklung, die heutzutage als abgeschlossen betrachtet werden kann ist folgendes zu erkennen:
Das traditionelle Wohnmilieu wird mit Bereitschaft einem modernen, der globalen Zivilisation entsprechenden Wohnstandard geopfert. Die räumlichen Verhältnisse in der Altstadt weichen zweifellos stark von den Erwartungen der ursprünglichen Einwohner und verlieren an Image. Diese Einstellung hat sich breit in der Bevölkerung der Stadt ausgebreitet. Viele Gespräche mit Kollegen und Politikern bestätigen diese Einstellung. Eine Rückkehr der Eigentümer in modernisierte Wohnbauten der Altstadt wird prinzipiell zwar nicht ausgeschlossen, scheitert jedoch an die finanziellen Schwellen, die eine Modernisierung der Altbauten stellt.
Die finanziellen Schwierigkeiten wären zu überwinden, wäre da nicht ein anderes, viel tiefgreifenderes Problem - die ursprünglichen sozialen Formen des Zusammenlebens von größeren Familien, die die typische verästelte Erschließung in den einzelnen Baublöcken bewirkt hat ist ein für allemal zerstört. Sie wieder zu etablieren ist eine Wunschvorstellung, der jegliche objektive Voraussetzungen fehlen und nur zu Mißerfolg führen wird. Die sozialen Grundlagen der traditionellen baulichen und räumlichen Strukturen sind nicht mehr vorhanden. Die neue Einwohnerschicht, die zugezogen ist und deren finanzielle Möglichkeiten stark beschränkt sind identifiziert sich nicht mit diesen Strukturen. Sie betrachtet sie lediglich als erschwingliche Form der Familienunterbringung. Somit bleiben diese Strukturen ihrer Logik beraubt. Die schwerwiegende Frage ist nach der Bedeutung die sie heutzutage noch haben - sind sie als ein wertvolles museales Dokument vergangener Lebensweise zu erhalten und im besten Fall zu rekonstruieren, oder werden sie den Weg der langsamen Veränderung in die Gegenwart aufnehmen müssen um ihre Aufgabe als altstädtischen Lebensraum zu bewahren?
Nicht weniger wichtig ist die Dissonanz zwischen den geerbten Architekturformen und den realen Bedürfnissen der Einwohner. Diese Dissonanz hat zur Folge, daß infrastrukturelle Einrichtungen, wie Baderäume und Toiletten die inneren Höfe verbauen und die Baustrukturen verunstalten. Die alten Bauten beherbergen sehr oft innere Räume von enormen Ausmaßen, die Repräsentationszwecken gewidmet waren. Heutzutage lassen sie sich sehr schwer den Bedürfnissen einer ärmeren sozialen Schicht anpassen. Jede bauliche Einmischung ist mit einem Verlust an Qualität, Reichtum und letztendlich an Dokumente eines kulturellen Erbes behaftet.
Wir schildern diese Sachverhalte um auf die Komplexität und Schwierigkeit der Aufgabe hinzuweisen. Nicht erwähnt sind hier die Schwierigkeiten, die sich aus den politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Sphären ergeben und die mit viel Ungewißheit für die Zukunft gekennzeichnet sind. Genau diese Ungewißheit ist es, die uns Projektleiter immer mehr vom fachlich-technischen in das soziale Feld der Altstadterhaltung und -entwicklung versetzt, da die rechtlichen Instrumentarien keine Garantie für Nachhaltigkeit bieten.
Aus der geschilderten Sachlage ergeben sich für das Projektteam folgende Vorgangsweise:
Weitere Vertiefung in der Erforschung des architektonischen und archäologischen Kulturerbes der Stadt Nablus. Der Wert dieser Stadt muß nicht nur den Verstand, sondern auch die Gefühle der Einwohner wecken, wozu noch viel Wissen über die Stadt notwendig ist. Um ein Phänomen zu lieben muß man es in aller Tiefe kennen.
Viel Öffentlichkeitsarbeit und informelle Gespräche mit den Einwohnern und den Interessierten. Der direkte menschliche Kontakt und das Geben von Beispielen kann viel mehr bewirken als kraftvolle politische Entscheidungen. Dabei soll der Schwerpunkt nicht so sehr auf die Einschränkungen der eigenen Initiative liegen, sondern auf die Möglichkeiten der Lösung von Problemen des Alltags. Die Entwicklung einer Lebenskultur ist von größerer Nachhaltigkeit der Erhaltungspolitik, als die Restriktionen.
Die Entwicklung eines Instruments für Planung und Kontrolle, der auf breiten gesellschaftlichen Konsens beruht und auch rückwirkend das öffentliche Bewußtsein animiert und für spezifische und unerwartete Problemlösungen offen ist. Den Projektleitern schwebt die Vorstellung einer Altstadt, deren Wert weniger in den musealen Objekten, als in ihrer kontinuierlichen Entwicklung zu einem lebendigen Kulturfeld liegen soll.
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