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rein und holt Sachen heraus«, sagt Connie und
vermeidet das Wort »Verstoß«. Sie sind seit 30
Jahren miteinander verheiratet, und sie weiß,
was er essen kann und wie viel er heute isst.
Sie stellt ihm einen großen Korb mit frischem
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fast unmöglich: »Tomaten habe ich gegessen«,
sagt Rick, »aber Blumenkohl hätte ich nicht für
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Connie lässt ihm auch 100-Kalorien-Päck-
chen von Dingen da, die er mehr schätzt –
Kekse und kleine Kuchen. Sie sollen ihn an die
Kalorien erinnern, die er zu sich nimmt.
Bei manchen Dingen ist das Kalorienzählen
schwieriger. Sie greift in den Kühlschrank und
holt eine angebrochene Packung Würstchen
heraus. »Die war noch voll, als ich zur Arbeit
ging«, sagt sie. Für Frühstück und Mittagessen
hält Connie mikrowellengerechte Schlankheits-
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sich heiß machen kann. Abends wird gekocht.
»Aber sie stellt nicht mehr den Topf auf den
Tisch wie früher«, klagt Rick. »Sie richtet meinen
Teller an, und ich esse. Wenn es sehr gut ist,
frage ich: Darf ich noch etwas haben? Und sie
sagt: Nein. Aber fragen muss ich einfach«, sagt
er und lacht.
»Ohne sie würde ich das nicht schaffen«,
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sprächs. Doch er weiß, dass nur er selbst
letztlich die Verantwortung trägt: »Nichts hält
SICHä HARTNØCKIGERä ALSä SCHLECHTEä'EWOHNHEI
ten. Wenn du was vor mich hinstellst, denke
ich: Mensch, riecht das lecker. Doch dann
sage ich mir: Halt dich zurück, langsam. Du
musst auf dich achten.«
Rick hat schon etliche Zentner zu- und ab-
genommen, doch jetzt hat er seinen Cousin
als Vorbild, der sich den Magen verkleinern
ließ. Und er hat begriffen, dass es mit seiner
Lebensqualität bergab geht. Er ist Laienpredi-
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für eine Predigt. 2001 gab er wegen der
Rückenschmerzen und der Leibesfülle den Job
als Busfahrer auf. »Ich fühlte mich nicht mehr
sicher, weil der Bauch gegen das Lenkrad
drückte«, sagt er. »Meinetwegen mache ich mir
keine Sorgen, doch ich könnte es nicht ertra-
gen, wenn durch meine Schuld ein Kind zu
Schaden kommt.«
Er freut sich darauf, wieder zu fahren, und
auf simple Dinge, die für andere Menschen
selbstverständlich sind: Unkraut zu jäten, den
Rasen zu mähen mit den Hund Bear an seiner
Seite. Und sich überhaupt bewegen zu können
ohne Rollstuhl.
Beim Antritt zur ersten Gymnastikstunde am Mercy Health and Fitness Center wiegt Rick 212,5 Kilo.
Zuerst lernt er ein paar Übungen, die er sitzend bewältigen kann (links). Nach der Gymnastik geht es
zu Therapieübungen ins Schwimmbad – zum ersten Mal seit 20 Jahren (rechts unten). In seinem neuen
Leben gibt es keine Restaurantbesuche mit Frau und Sohn mehr, bei denen er dreimal XXL-Pizza
und überbackene Baguettes bestellte und Gemüse mied. Wenn Frau und Sohn etwas übrig ließen, aß
er es auf. Als leidenschaftlicher Gospelsänger, Gitarrist und Laienprediger gestaltete Rick gerne
die Mittwochabend-Gottesdienste in der Kirche seiner Baptistengemeinde, bis er zu schwer wurde, um
eine Predigt lang zu stehen. Um sich die Langeweile zu vertreiben, steht er spät auf, spielt Video-
spiele, übt Gitarre und sitzt bis in die frühen Morgenstunden vor dem Fernseher. Im Liegestuhl sitzend,
mit dem Hund Bear zu Füßen, singt Rick sein selbst geschriebenes Lied »Gib uns Barabas!«
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