Page 28 - [Peter_Menzel,_Faith_D’Aluisio]_Mahlzeit_Auf_80(BookFi.org)

Basic HTML Version

28
M A H L Z E I T
FRÜHSTÜCK
Motogo (dünner Brei aus Sorghum), 316 g, mit Zucker, 1 EL
MITTAGESSEN
ä-ADOMBIä +Lš”EäAUSä7EIZENMEHL ä
äGä
s
Rindfleisch mit Mark, 81 g
s
Brühwürfel
mit Chiligeschmack, 6 g
s
Minestrone-Tütensuppe, 11 g
ABENDESSEN
Sorghum-Brei, 280 g, mit Zucker, 1 EL
SONSTIGES
HIV-/AIDS-Medikamente gegen Retroviren
s
Wasser aus einer Zapfstelle, abgekocht, 1,5 l
KALORIEN
900
!LTER ä äsä'Rš”E ä
äCMäsä'EWICHT ä
äKG
KABAKAI, BEI GHANZI
ä sä -ARBLEä -OAHISä
prekäres Leben steht täglich auf der Kippe,
doch am Monatsende, wenn die staatliche Le-
bensmittelzuteilung für AIDS-Waisen zu Ende
geht, türmen sich die Probleme auf. Nur ein
Mitglied ihrer vierköpfigen Familie hat Anspruch
AUFäDIEä:UTEILUNG äIHREä JØHRIGEä.ICHTE ä$IESEä
EINZIGEä2ATIONä VONä"OHNEN ä'ETREIDE ä$OSEN
fleisch, Speiseöl, Zucker und Äpfeln muss vier
Menschen ernähren, weil Marble über keine
weiteren Quellen und kein Einkommen verfügt.
Ihr 21-jähriger Neffe Kitso ist zu alt, um An-
spruch auf Lebensmittelzuteilungen vom Staat
zu haben. In der kleinen Stadt sind viele ohne
Arbeit, und Kitso sagt, seine Freunde hätten
SICHäAUFSä+LAUENäVERLEGT ä$IEä+ÓHEäDESä'RO”-
vaters zu hüten ist der einzige Job, den er krie-
gen kann, 120 Kilometer weit weg. Kitso macht
es, sechs Monate im Jahr.
-ARBLESä JØHRIGERä3OHNäUNDäDIEä.ICHTEä
bekommen in der Schule ein Mittagessen –
solange dort die Vorräte reichen. Am Monats-
ende bittet Marble Freunde und Verwandte
um Lebensmittel, um die Zeit bis zur nächs-
ten Zuteilung überbrücken zu können. Und
dann beginnt der Kreislauf von vorn.
Zu den meisten Mahlzeiten kocht Marble
Motogo, einen weichen Brei aus Mais- oder
Sorghum-Mehl. Einmal im Monat bringt ihr
Bruder ein Stück Fleisch, das sie gemeinsam
mit Madombi essen, Mehlklößen. Einmal im
Jahr, wenn ihr Vater eine Kuh verkauft hat,
BEKOMMTä SIEä ETWASä'ELD ä$OCHä AUCHä ALLESä
das zusammen reicht nicht.
Marbles Mutter, die auf der Straße selbst
gebrautes Bier verkaufte, war bis zu ihrem Tod
2002 die Hauptverdienerin. »Sie hat stets gut
für mich gesorgt«, sagt Marble, die immer bei
der Mutter gelebt und nie geheiratet hatte.
Marble hat ihre Schwester, eine Lehrerin, ge-
pflegt, bis sie 2003 an AIDS starb.
Das Thema HIV/AIDS ist in Afrika weitge-
hend tabu, obwohl die Krankheit die Bevölke-
rung dezimiert und Millionen Kinder zu Waisen
gemacht hat. Botswanas HIV-Infektionsrate ge-
hört zu den höchsten auf dem Kontinent: Fast
ein Viertel der Bevölkerung ist HIV-positiv,
schätzungsweise 15000 Kinder sind infiziert.
Bei Marble wurde das Virus 2005 festge-
stellt. Die AIDS-Medikamente bekommt sie in
der Klinik am Ort kostenlos, zusammen mit
Ratschlägen für gesunde Ernährung, die zu
befolgen sie sich nicht leisten kann.
Marble Moahi
Die Fürsorgerin
BOTSWANA
IM MÄRZ
EINE TAGESRATION