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Die Mathematik der menschlichen Seele: Infotext

 

In diesem Buch wird die Motivationspsychologie auf eine völlig neue Art betrieben, die in den Augen des Autors – nicht dem Apparate, wohl aber dem Geiste nach – das Attribut »mathematisch« rechtfertigt.

Ein Gemeinplatz der empirischen Psychologie ist die Beobachtung, daß der Mensch zu Extremen neigt. Doch was ist ein Extrem? Ein Extrem ist in dem Fall nichts anderes als der Endpunkt einer Steigerungslinie. Und was ist Steigerung? Analytisch kann man sich einen solchen Vorgang nur als Hinzufügung und Anhäufung von Gleichem vorstellen. Nun heißt aber »gleich« auf griechisch homos und »anhäufen« auf lateinisch cumulare, und so kommen wir zum Begriff des Homokumulats als einer Bezeichnung für einen auffallend hohen Ausprägungsgrad irgendeines steigerungsfähigen Phänomens. Die Anhäufung von Gleichem ist offenbar der logische Gegenpol zur Neuheit als Abwesenheit von Gleichem, und nach der in diesem Buch vertretenen Hypothese ist der Mensch nicht nur neu-gierig, sondern auch homokumulativitäts-gierig. Dadurch wird aus einer Binsenwahrheit eine zumindest im Ansatz formalisierbare Theorie.

Der Sinn der Theorie läßt sich in zwei Punkten zusammenfassen. Erstens liefert uns der Gedanke, wenn man ihn wirklich konsequent durchzieht, eine überraschend einfache und detailgerechte Gestaltungsregel für zahllose scheinbar undeterminierte Ausdrucksformen des Humanen, mit Schwerpunkten in den Bereichen Spiel und Sport, Schönheit und Kunst, Gefühl und Erlebnis. Und zweitens ist ein Homokumulat oder eine Anhäufung von Gleichem eine besonders große Insel der Entropie null und damit die einzige bestehende allgemeine Lösung des Effizienzproblems. Vielleicht gibt es da einen verborgenen Zusammenhang: der Mensch entwickelt eine automatische, unterschiedslose, ja instinktartige Vorliebe für alles Homokumulative, weil seine Kultur als Überlebensstrategie auf den sich aus einem solchen Automatismus ergebenden Zuwachs an Effizienz angewiesen ist – und zwar anscheinend so sehr, daß sie dafür sogar äußerst schädliche Nebenprodukte einer blinden Jagd nach Extremen in Kauf nehmen muß, einen Faktor, der von unserer Destruktivität und dem Aberglauben über unsere Habgier bis hin zum Drogengenuß und zum Selbstmord so manches verschlimmern dürfte.

Warum sind wir, wie wir sind? Die Theorie des Homokumulats gibt Anlaß zu einer erschöpfenden Darstellung eines recht charakteristischen Aspekts dieses Wie und führt ihn zurück auf die Korrespondenz mit einem Grundgesetz unseres Universums.

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