dr Hasso Hohmann
Funktion, Konstruktion und Form von Fenstern
Fenster sind die Augen unserer Häuser. Sie sind charaktergebend für ihre Fassaden. Gebäude sind die dritte Haut des Menschen. Die Gestaltung ihres Inneren wird gewöhnlich als Privatsache aufgefasst - das Aussehen der Fassaden als Teil des öffentlichen Raumes hingegen muss im öffentlichen Interesse liegen. An den Fenstern stossen diese zwei Interessenssphären zusammen.
Fenster lassen Licht ins Gebäudeinnere, erlauben den Blick von innen nach aussen, halten Lärm, Kälte, Regen und Wind, aber auch Tiere und Diebe draussen und erlauben in der Regel den Luftaustausch. Technische Entwicklungen führten im Laufe der Geschichte des Fensters zu zahlreichen Veränderungen. Über Jahrtausende hatten Fenster aber fast einheitlich eine starke Gliederung in vier oder sechs Felder - wie beispielsweise im alten Ägypten, Griechenland, in Rom oder im Jemen. Dadurch hatten Fenster über eine sehr lange Zeit eine ähnliche Gliederung. Erst die Möglichkeit unserer Zeit grossformatige Scheiben herzustellen hat zu Kompatibilitätsproblemen mit neuen Fenstern in Altbauten geführt. Wie sollte man auf dieses Problem reagieren?
Gewöhnlich sind bei einem Bauwerk die einzelnen Architekturkomponenten auch im Design aufeinander abgestimmt. Man kann sie nicht beliebig gegen andere austauschen, ohne Störungen des Erscheinungsbildes zu riskieren. Grosse ungegliederte Architekturelemente führen bei historischen Bauten meist zu formalen Härten.
Nun versprechen die Fensterhersteller unserer Zeit sehr viel, was bei genauer Betrachtung die Fenster des 19ten Jhdt's. schon gleich oder besser konnten. Daher lohnt es sich, auch ältere Fenster noch einmal auf den Prüfstand zu stellen.
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Versuche haben eindeutig ergeben, dass der Abstand zwischen den Scheiben für den Schallschutz massgeblich ist: je grösser der Abstand, desto besser der Schallschutz. Voraussetzungen sind, dass die zwei Scheibenebenen unterschiedlich starke Gläser zur Absorption unterschiedlicher Frequenzbereiche haben und dass die Randanschlüsse gut ausgebildet sind. Bei Prüfung alter Kastenfenster hat sich ergeben, dass sie in dieser Beziehung unschlagbar sind.
Unter den gleichen Bedingungen ist allerdings auch die Wärmedämmung sehr gut. Um Schwitzwasser im Winter zu vermeiden, dürfen allerdings nur die inneren Fenster völlig dicht schliessen - die äusseren sollten eine kontrollierte Lüftung nach aussen haben. Da alle geprüften Fenster auch die Anforderungen des erhöhten Wärmeschutzes erfüllten, werden schon seit sehr vielen Jahren in der Steiermark keine teuren Prüfergebnisse für alte Kastenfenster bei der Beantragung von einschlägigen Subventionen mehr verlangt; es genügt eine Aufmassskizze.
Aber auch der praktische Vorteil kleinerer Fensterflügel ist nicht von der Hand zu weisen. Die riesigen und sehr schweren Fensterflügel moderner ungegliederter Fenster stehen weit in den Raum vor, und man ist gezwungen, alles auf der Fensterbank stehende beim Aufschwenken wegzuräumen, was bei vertikal geteilten Fenstern nicht notwendig ist. Man braucht nur die Dinge zur Seite zu schieben.
Ausserdem sind die heutigen Verbundglasscheiben Konsumprodukte: sie werden nach einer mehr oder weniger langen Nutzzeit, mitunter schon nach fünf Jahren, blind. Dann müssen sie ausgetauscht werden. Eine Einfachverglasung hingegen hält ewig, wird sie nicht mechanisch zerstört.
Was nun das Material der Rahmen und Flügel betrifft, so sind heute neben Holz auch Kunststoffe und Metalle in Verwendung. Holz kann sich bekanntlich verziehen, wenn es nicht gut gelagert wurde bzw. ungeeignetes Holz zum Einsatz kommt, es kann von Holzwürmern oder Fäulnis befallen werden und auch brennen - dennoch ist Holz immer noch ein optimaler langlebiger Baustoff für Fenster bei adäquatem Einsatz. Mit den neuen Ersatzmaterialien gibt es immer wieder gewaltige Probleme.
Es zeigt sich, dass alte Fenster nicht so schlecht konstruiert sind und ihr negatives Image vor allem von der modernen Werbung ausgeht. Angesichts dieses Wissens sollte es leichter fallen, sich auch mit den traditionellen Fenstern bei Altbauten wieder anzufreunden - auch wenn das Reinigen zugegebener Weise aufwendiger ist.
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Figures
Fig. 1
Inverness; the left half of the house has been modernized.
Fig. 2
Vienna; the new window design does no fit with the old - it is dominated by one horizontal transom, the old design by vertical dividing bars.
Fig. 3
Typical window of the 19th century.
Fig. 4
Typical surrounding of a window of the historistic period