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Claudia Jaeckel
LA PORTA DI CARONTE

Pino Poggi konzentriert seine Reflexionen zwar auf die gesellschaftlichen Verhältnisse der Gegenwart, bettet sie aber in die zu alten Zeiten wichtigsten Fragestellungen der Menschheit: Woher kommen wir? Wer sind wir? Wohin gehen wir?

Wenn er auf den Mythos zurückgreift - wie in »La porta di Caronte« - benutzt er eine mythologischontologische Metapher zur Darstellung von Fragen, welche die Menschen seit der Antike beschäftigen.

In »La porta di Caronte« gibt es weder einen Fahrmann, der uns über den Strom Styx in die Unterwelt fuhrt, noch Schatten der Toten, die geführt werden, sondern lebendige Menschen in einer symbolhaften Installation. Trotzdem - sobald wir dem Weg der Installation folgen, schlüpfen wir gleichzeitig in zwei verschiedene Rollen: Einerseits durchwandern wir die drei Etappen vom Eintritt ins Leben über die Wirren des Lebensweges bis zum Austritt aus dem Leben. Andererseits gehen wir den Weg der Toten vom Eintritt in den Tod - über den Styx - bis zur Ankunft in der Unterwelt.

Die ewige Frage nach dem »Wer sind wir?« wird in Poggis Installationen nicht beantwortet, wohl aber durch die Doppelbödigkeit der Erfahrung zu einer kritischen Reflexion vorangetrieben, die - auf die Gegenwart bezogen - von höchster gesellschaftlicher Brisanz ist: Sind wir Lebende, Tote, tote Lebende, lebende Tote?

Ob wir den Weg durch Poggis Installationen nun als Weg des Lebens oder des Todes erfahren, jedesmal treten wir in eine noch heile Welt ein, in eine unberührte Ordnung, die erst durch unseren Eintritt und unsere Präsenz gestört und zerstört wird. (Der erste Bereich der Installation hat einen Fußboden aus nebeneinander liegenden Spiegelquadraten, die mit jedem unserer Schritte mehr und mehr zerbrechen.) Mit dem Erlebnis der unvermeidlichen Zerstörung erfahrt der Besucher zugleich ein Bewußtsein für seine Verantwortung dem eigenen Leben (und Tod) und der Gesellschaft gegenüber. In der Mitte ein schmaler Gang, verhangt mit Seilen, durch die sich der Besucher hindurchkämpfen muß. Fensteröffnungen auf beiden Seiten des Gangs geben den Blick frei auf die unversehrte Ordnung: eine Spiegelwand, davor ein Metallraster, auf dem FuBboden der rechten Seite das Wort »rechts«, auf dem der linken Seite das Wort »links«, beide Worte in unpersönlicher Druckschrift. Gestört wird die Ordnung durch das Spiegelbild des in den Seilen verstrickten Menschen. Er findet sich auf seinem Weg durch die Wirren des Lebens lediglich als Spiegelbild in dieser Grundordnung wieder.

Im letzten Raum der Installation ruckt die gerasterte Spiegelflache an die Decke. Eine heile, unzerstörte Welt empfängt den vom Kampf erlosten Menschen. Ein Bild des Friedens für den einen, für den anderen eine gesellschaftliche Utopie, die Hoffnung oder die Hoffnungslosigkeit, denn die Harmonie von Ordnung und Individuum wird erst im Stadium des Todes, nach der Ankunft in der Unterwelt, möglich. Pino Poggi lost die Doppelbödigkeit nicht auf, sondern konfrontiert den Besucher mit ihr, lasst ihn selbst die Fragen nach Leben und Tod, nach Frieden und Kampf stellen. Antworten kann nur jeder für sich selbst - oder alle miteinander.

 

gor


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zadnji popravek: 18-Oct-2002 17:53

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