Marko Uršič
Das Höhlengleichnis
Transzendenz
in Platonismus und Christentum
Das Höhlengleichnis erschließt das Jenseits. Mit
Platons Ideenwelt erstreckt sich vor dem Auge des Geistes ein bislang
unbekannter, vor allem aber unartikulierter Horizont, topos, mit dem sich erst die Möglichkeit nicht nur des
philosophischen Idealismus, sondern auch der christlichen Auferstehung und der
Seligwerdung im Himmel eröffnet. Die bei Platon eröffnete »Geisteslandschaft« –
d.h. die Transzendenz in der Beziehung zur direkten Gegenwart der Welt, zur
Immanenz – war davor, im vorplatonischen griechischen Denken, noch nicht
entdeckt gewesen (nicht einmal als Abwesenheit), denn die Welt umfaßte ein
einheitliches, wenn auch in sich gegliedertes Gebiet von Beziehungen, des von
Heim und Heiligtum bis zu Olymp und Hades reichte. Obwohl die griechischen
Götter »Unsterbliche« waren, bewohnten sie den Kosmos auf den Menschen
verwandte Weise: Poseidon und Kirke hausten im selben Bereich wie Odysseus und
Achilleus, die beiden letzteren im selben wie Perikles und Sokrates. Doch mit
Platon änderte sich alles: »der Wahrheit Feld« (to aletheias pedion, vgl. Phaidros 248bc; Sämtliche Werke Bd. 4,
29) trennte sich von der Welt ab, und über dem weiten Himmelszelt, über den
bekannten Sternen des Mittelmeerraums erschloß sich »der überhimmlische Ort« (topos hyperouranios, ibid. 247c;
Sämtliche Werke Bd. 4, 29). Diese Aufteilung der Ebene in ein Diesseits und ein
Jenseits, in die Immanenz der vergänglichen Welt und die Transzendenz der
Unvergänglichkeit, ist wesentlich für das Verständnis des platonischen
Gleichnisses. Über diese große Spaltung kann hier, in der Welt, nur im
Gleichnis gesprochen werden, das mit seiner analogischen Offenheit möglich
macht, daß wir uns an das jenseitige Licht schon diesseits »erinnern« und aus
dem Gefangensein in der Höhle erwachen. Am Punkt des Heraustretens (wenn sich
die Augen an die unirdische Helligkeit gewöhnen) ist zunächst nicht
ersichtlich, wie der jenseitige topos ist,
sondern nur, daß er ist.
Topologie
Die klassische Interpretation des
Gleichnisses gibt Platon selbst in der direkten Fortsetzung wieder, wenn der
Lehrer Sokrates Glaukon erläutert:
»Dieses ganze Bild nun, sagte ich, lieber Glaukon, mußt
du mit dem früher Gesagten verbinden, die durch das Gesicht uns erscheinende
Region der Wohnung im Gefängnisse gleichsetzen und den Schein von dem Feuer
darin der Kraft der Sonne; und wenn du nun das Hinaufsteigen und die Beschauung
der oberen Dinge setzt als den Aufschwung der Seele in die Region der
Erkenntnis, so wird dir nicht entgehen, was mein Glaube ist, da du doch dieses
zu wissen begehrst. Gott mag wissen, ob er richtig ist; was ich wenigstens
sehe, das sehe ich so, daß zuletzt unter allem Erkennbaren und nur mit Mühe die
Idee des Guten erblickt wird, wenn man sie aber erblickt hat, sie auch gleich
dafür anerkannt wird, daß sie für alle die Ursache alles Richtigen und Schönen
ist, im Sichtbaren das Licht und die Sonne, von der dieses abhängt, erzeugend,
im Erkennbaren aber sie allein als Herrscherin Wahrheit und Vernunft
hervorbringend, und daß also diese sehen muß, wer vernünftig handeln will, es
sei nun in eigenen oder in öffentlichen Angelegenheiten.« (Politeia 517bc;
Sämtliche Werke Bd. III, 226)[1]
Der Weg aus der Höhle ist der Prozeß wahren
Erkennens, der philosophischen Erweckung, der die Unterscheidung zwischen
Gebildeten und Ungebildeten vorzeichnet. Unterschiedliche Interpretationen des
Höhlengleichnisses stimmen in der Feststellung überein, daß die Seelenwanderung
in die Gedankenwelt und die Rückkehr des Erweckten zurück in die Höhle, um
seinen Mitgefangenen zur Freiheit zu verhelfen, einen Kreis beschreiben, in dem
Beginn und Ende eins sind. Die
kreisförmige Seelenwanderung durch verschiedene Schichten des Seienden kann in
vier aufeinanderfolgende Stufen unterteilt werden: 1. das Eingeschlossensein in
der Höhle, in der unterirdischen Schattenwelt, wo die Menschen von Kindheit an
gefesselt an Hals und Schenkeln sind; 2. das Abnehmen der Fesseln, »wenn einer
entfesselt wäre und gezwungen würde, sogleich aufzustehen, den Hals
herumzudrehen, zu gehen und gegen das Licht zu sehn«; 3. der Aufstieg aus der
Höhle, »wenn der Erweckte ans Sonnenlicht kommt und die Augen voll Strahlen
hat, zuletzt kann er aber, im Zenit der Erkenntnis stehend, auch die Sonne selbst,
nicht Bilder von ihr im Wasser oder anderwärts, sondern sie als sie selbst an
ihrer eigenen Stelle anzusehen und zu betrachten imstande sein«; 4. der Weg
nach unten, »wenn ein solcher Mensch nun wieder hinunterstiege in die
unterirdische Höhle an seinen alten Platz, wo ihn seine ehemaligen
Mitgefangenen, wenn er sie versuchte zu befreien und in die obere Welt
hinaufzubringen, wohl noch umbringen würden« (Politeia 514 ... 517). Was auch
gar nicht so ungewöhnlich ist, denn vom Standpunkt der Schattenwelt ist es
schwer, sich eine schlimmere Verachtung der Weltlichkeit auszumalen als die
Vorstellung, daß diese Welt eine gewaltige dunkle Höhle ist, aus der man sich
befreien muß. Diese Vorstellung (und auch dieses Gefühl) will ich in der
Fortsetzung weiter erläutern, zunächst aber wollen wir bei der Struktur und der
Art und Weise verweilen, wie das Höhlengleichnis zu lesen ist.
Das Höhlengleichnis bezieht sich auf drei Ebenen
des Seienden: 1. die imaginäre Welt (die Schatten an der Höhlenwand), 2. die
»reale« Welt der Sinnesgegenstände (die Dinge in der Höhle, die Schatten
werfen) und 3. die Welt der Ideen (die im Höhlengleichnis außerhalb der Höhle
als die oberen Dinge, z.B. ein Baum, ein Haus, ein Berg, ein Stern etc. in
Erscheinung tritt). Das Feuer in der Höhle erleuchtet bzw. ermöglicht die erste
Ebene, die Sonne, die über die ganze sichtbare Welt herrscht und alles begonnen
hat, was zu sehen ist, bringt die zweite hervor, die dritte Ebene ist erleutet
bzw. erkennbar durch die Idee des Guten – doch von ihr kann nicht gesagt
werden, sie sei in demselben Sinne existent wie Feuer und Sonne, sondern sie
»durchdringt« die jenseitige Welt der Ideen höchstens per analogiam mit der Sonne in der sichtbaren Welt. »Dieses also,
was dem Erkennbaren die Wahrheit mitteilt und dem Erkennenden das Vermögen
hergibt, sage, sei die Idee des Guten.« (Politeia 508e, Sämtliche Werke Bd. 3, 196). Erkenntnis ist möglich aufgrund
der Teilhaftigkeit der Dinge an den Ideen, und der Ideen an der höchsten Idee,
der Idee des Guten. Das Gute ist bei Platon primär im ontologischen und erkenntnistheoretischen
und erst sekundär im ethischen Sinne gemeint. Auf der anderen Seite eröffnet
gerade die Tugend dem Erkennenden den Weg zur wahren Erkenntnis.
Das Höhlengleichnis eröffnet die Rede von der Transzendenz:
der jenseitige topos wird so
gestaltet, daß er die Beziehung zwischen der ersten und der zweiten Ebene auf
das Verhältnis zwischen der zweiten und der dritten Ebene überträgt. Die dritte
Ebene kann man nämlich, wie Platon feststellt, nicht mit körperlichen Augen
sehen: »Und von jenem vielen sagen wir, daß es gesehen werde, aber nicht
gedacht; von den Ideen hingegen, daß sie gedacht werden, aber nicht gesehen.«
(Politeia 507b, Sämtliche Werke Bd. 3, 219). Das Höhlengleichnis ist eine
Übertragung (Metapher) der vorstellbaren Beziehungen in eine bloß denkbare »Projektion«
ins Jenseits – bei Platon in die Welt der Ideen. Obwohl im Höhlengleichnis klar
und deutlich drei Ebenen des Seienden auftreten, existieren realiter nur deren zwei: »Also diese beiden
Arten hast du nun, das Denkbare und das Sichtbare« (Politeia 509d, Sämtliche
Werke Bd.3, 221). Doch wohin ist die Höhle verschwunden, die Schattenwelt,
welche das Feuer der Einbildungskraft erzeugt? Ist sie in dieser realiter zweischichtigen Stratifikation
des Seienden völlig reduziert auf die sichtbare Welt, auf ihr besonderes
Segment? Eine solche Erklärung scheint aus einer rationalistischen Perspektive
akzeptabel (die in der Entwicklung der griechischen Philosophie paradoxerweise
mit dem Verliebten Sokrates und dem Mythenschmied Platon ihren Anfang nimmt).
Doch mit einer solchen Reduktion des Höhlengleichnisses läuft man leicht
Gefahr, etwas Wesentliches zu übersehen: Die »Projektion« des diesseitigen topos (und chronos) ins Jenseits, die »Übertragung« (Meta-pher), die im
mythischen und/oder poetischen Diskurs ermöglicht, im Diesseits die Umrisse der
jenseitigen Horizonte zu erblicken. Denn wenn nur zwei Ebenen übrigbleiben, die
Dinge diesseits und die Ideen jenseits, kann das Verhältnis zwischen ihnen nur
als abstraktes »Teilhaftigsein« (methexis)
der Dinge an den Ideen postuliert werden – während sich der Isomorphismus,
der sich zwischen den Schatten und den Gegenständen als metaphorisch auf das
Verhältnis zwischen dem sichtbaren Kosmos und dem überhimmlischen Ort übertragen abzeichnet, verliert. Dann
beherrscht der Begriff (die Idee) wirklich die Anschauung, der sich mit dieser
Reduktion »reinigt« und zugleich leert. In diesem Sinne trifft Heideggers
Feststellung zu, daß die Idee mit dem platonistischen Idealismus über die
Unverborgenheit (aletheia) »zu
herrschen beginnt«, wobei die Reduktion der Trias
<Einbildungskraft-Sinnenerfahrung-Vernunft> gegenüber der Zweiergruppe <Sinnenerfahrung-Vernunft>,
die mit der Reduktion des Mythos zum Logos korreliert (genauer: zu logoi, d.h. Ideen und/oder Worten im
aristotelischen Sinne), den rationalistischen Diskurs einleitet, die
Philosophie dagegen bleibt eine Wissenschaft »vom Seienden als Seienden« im
Sinne der aristotelischen Definition der »ersten Philosophie«, aus der
Heidegger seinen Gedanken von der Metaphysik als Seinsvergessenheit ableitet.
Der Schlüssel zu einem anderen Verständnis Platons (was ihn wesentlich von
Aristoteles unterscheidet) liegt in der Erkenntnis, daß Platons Mythen und
Gleichnisse – ganz besonders das Höhlengleichnis – nicht nur propädeutische Geschichtlein
sind, irgendwelche Allegorien, deren Hauptzweck darin liegt, einem Lehrer
konkrete Beispiele an die Hand zu geben, die es ihm ermöglichen, dem Schüler
eine abstrakte (Ideen-) Wahrheit näherzubringen. Das Höhlengleichnis spricht nämlich
auch als Phantasie- oder Kunstdiskurs und/oder mythenbildender Diskurs für sich
selbst. Es muß auch unmittelbar und
nicht nur als Gelegenheitsgewandung des Begriffskerns verstanden werden, und
man muß sich die Frage nach der Unverborgenheit dessen stellen, was uns das
Höhlengleichnis unmittelbar zeigt: das nämlich, daß unsere Welt, der ganze sichtbare und sinnenhaft
erfahrbare Kosmos eine Höhle ist!?
Platon schreibt in seiner Auslegung des
Höhlengleichnisses: »[...] die durch das Gesicht uns erscheinende Region [mußt
du] der Wohnung im Gefängnisse gleichsetzen und den Schein von dem Feuer darin
der Kraft der Sonne« (Politeia 517b; Sämtliche Werke Bd. 3, 226). Der Vergleich
der Welt mit einem Gefängnis, einer gewaltigen düsteren Höhle, ist
faszinierend, wenn wir ihn prima facie verstehen:
als topologischen Isomorphismus zwischen der sichtbaren Welt (d.h. dem ganzen sinnenhaft
erfahrbaren Kosmos) und dem Gefängnis (der Höhle). Unsere Sonne, strahlend und blendend,
wird in einem so verstandenen Beziehungsbereich zum Feuer in der Höhle, das
Schatten erzeugt! Vielleicht wird jemand bei einer solchen Interpretation des
Höhlengleichnis anmerken, daß hier ein wesentliches Wörtchen vergessen wurde – nämlich
das Wörtchen wie: die sichtbare Welt
ist wie eine Höhle, die Sonne ist wie ein Feuer in ihr usw., ist
gleichnishaft gemeint, doch man muß sich weiter fragen, welches Bild sich für den Vergleich anbietet. Welchen topologischen
Inhalt hat der Vergleich, jener gemeinsame (isomorphe) Nenner, der das Abbild zwischen
sichtbarer Welt und Höhle, zwischen dem Himmel und der Decke der Höhle,
zwischen der Sonne und dem Feuer in der Höhle erst möglich macht? Oder, um die
Frage anders zu stellen – was ist der Unterschied zwischen den Bedeutungen der
Sätze:
(a) Die Welt ist eine (gewaltige) Höhle.
(b) Die Welt ist wie eine (gewaltige) Höhle.
Vom Standpunkt der formalen Logik geht es bei (a)
um eine Prädikation oder sogar Identität, bei (b) dagegen nur um eine Analogie,
die natürlich eine schwächere semantische Verbindung als (a) darstellt, doch
die rein formale Analyse reicht zur Auslegung des Höhlengleichnisses nicht aus.
Betrachten wir z.B. den Satz:
(b') Die Welt ist wie ein (gewaltiges) Tier.
Vom formalen Standpunkt her ist dieser Satz gleich
wie Satz (b), doch wenn er in der Funktion eines Gleichnisses auftritt,
symbolisiert (b') inhaltlich etwas völlig anderes – die Konnotation mit dem
Vergleich der Welt mit einem (gewaltigen) Tier ist die Lebendigkeit der Welt,
das »organische Ganze« usw., wovon in (b) überhaupt nicht die Rede ist; auf der
anderen Seite konnotiert (b) die (Ab-)Geschlossenheit (Endlichkeit) der Welt,
das Gefangensein des Menschen in ihr usw., was wir bei (b') nicht entdecken,
jedenfalls nicht als eine offensichtliche Bedeutung. Zusammenfassend läßt sich
sagen: Damit eine Analogie in der Funktion eines Gleichnisses auftreten könnte,
müßten beide Analoga gemeinsame (essentielle und nicht nur kontingente) Wesensmerkmale
aufweisen – im Höhlengleichnis ist der Welt und der Höhle ein isomorpher,
strukturierter Topos gemeinsam: ein verschlossener, abgesperrter und endlicher
Raum mit einem Ausgang, der sich irgendwo oben befindet.
Angesichts dieser Überlegung dürfte der
Unterschied zwischen (a) und (b) deutlich geringer sein als bei dem bloß
formalen Vergleich; die Konjunktion »wie« verbindet zwei isomorphe topologische
Strukturen auf zwei Ebenen des Seienden. Wenn man nun im Höhlengleichnis noch eine dritte Ebene hinzunähme, nämlich
Platons Ideenwelt, der topos hyperouranios,
oder wenn man noch weiter ginge und den überhimmlischen
Ort mit dem Himmel des Christentums (dem »Königreich des Himmels«) in
Verbindung bringen wollte, der sich jenseits, noch über der höchsten Sphäre des
Himmelszelts, jenseits des »Fixsternhimmels« erhebt, dann wird die topologische
Struktur auf diese dritte, transzendente Ebene übertragen, wo die Idee des
Guten (d.h. die höchste Idee, in der christlichen Theologie Gott) die gesamte Transzendenz
(die Welt der Ideen bzw. den christlichen Himmel) »durchdringt«, wie die Sonne
unsere sichtbare Welt durchdringt.
Ein Philosoph kann sich nur schwer der Frage
entziehen: Ist das Höhlengleichnis nun auf dieser dritten Ebene abgeschlossen,
oder kann man es noch auf eine vierte Ebene übertragen und so weiter ad infinitum? Meine Antwort lautet: Das
Höhlengleichnis, wie ich es hier verstehe, ist auf der dritten Ebene
abgeschlossen, und zwar deshalb, weil für sie eine gewisse An-schaulichkeit
kennzeichnend ist, die jeweils die niedrigere Ebene der nächsthöheren
»verschafft«, das heißt, die erste der zweiten und die zweite der dritten,
während die dritte Ebene keinen anschaulichen Ausgangspunkt für eine
(hypothetische) vierte, die vierte der fünften usw. mehr bietet, denn schon die
dritte Ebene ist selbst unanschaulich, übersinnlich, sie übersteigt »jede
mögliche Erfahrung« und ist in der Abwesenheit nur als »Projektion« der zweiten
Ebene »nach oben« anwesend. Die Obergrenze der diesseitigen Semantik des
Höhlengleichnisses ist deshalb die Kantsche Begrenzung der Reichweite der
Erkenntnis, die sagt, daß der Gedanke immer in der Anschauung »verankert« sein
muß, denn sonst wäre er leer. Unser Sehen reicht höchstens bis zur dritten
(d.h. ersten transzendenten) Ebene, und selbst zu ihr nur »wie im Spiegel« – bei
Platon im Spiegel des Höhlengleichnisses. Die zweite Ebene (d.h., die Welt, in
der wir leben) erweist sich für unser inneres Auge, unsere trostlose Seele und
unseren heimatlosen Geist als unzulänglich, unabgeschlossen und zur
Transzendenz hin offen: sie ist uns verliehen, und in ihr entdecken wir
Zeichen, die über sich, jenseits des »Spiegels« hinausweisen.
Worin besteht aber nun eigentlich die Faszination
der Idee, die ganze sichtbare Welt, der gesamte Kosmos – sei ein Höhle? Die
Antwort auf diese Frage betrifft gerade die An-schaulichkeit des
Höhlengleichnisses, in ihrer, wenn man so will, vorsokratischen (und zugleich
postmodernen) Lesart, die die rationalistische Reduktion auf die Idee im Sinne
der logoi zu überwinden und mit einer
betonten An-schaulichkeit das Sehen/Erfühlen der Höhle zu evozieren sucht. Für
den ionischen Naturphilosophen Anaximander war dieses Erste, was der Mensch im
Kosmos erfährt, to apeiron, das
Unendliche, aus dem »sich alle Himmel und die Welten in ihnen zusammensetzen«
und das keinen Anfang und kein Ende hat. Für Heraklit ist der Kosmos (die
Weltordnung) »ein ewig lebendiges Feuer, das zuweilen aufflammt, zuweilen
verlöscht ...« Doch – was ist in der griechischen Geistesgeschichte geschehen,
daß der Kosmos bei Platon (wie) eine gewaltige Höhle wird? Denn schließlich
wölbte sich doch auch in seinen Tagen über Griechenland mit seinem Meer und
seinem Festland derselbe endlose und gerade in seiner Unermeßlichkeit großartige
Himmel wie einige Jahrhunderte früher, übersät mit den Tausenden von Sternen
des Mittelmeerraums! Wie kam Platon auf einen so außergewöhnlichen Gedanken,
die Menschen, Bewohner dieser Welt, wären in einer gewaltigen Höhle eingesperrt?
Wie kam er auf das Sehen und Fühlen dieser Welt, das später die gesamte christliche
Topologie des Kosmos von Augustinus, dem Aquinaten und Dante bis zu Kopernikus
und Kepler beeinflußte, auf die so viele Jahrhunderte lang herrschende Vorstellung,
die Erde (oder, seit Kopernikus, die Sonne) sei der Mittelpunkt eines geschlossenen
und endlichen Universums, eine Vorstellung, der sich als erster der Mystiker
und Extatiker Giordano Bruno widersetzte und seine Ketzerei mit dem Tod auf dem
Scheiterhaufen bezahlte.
Die Antwort auf diese Frage ist einerseits recht
einfach, andererseits aber auch unendlich kompliziert: Platon erkannte die
Höhle in der sichtbaren Welt, weil er das Licht erblickte das aus dem Jenseits
leuchtete – für ihn war es das Licht der Vernunft, das ihm die Schatten der
Sinnenwelt »entlarvte«. Ihm graute vor der Flüchtigkeit und Vergänglichkeit
dieser Schatten, und er wandte seinen Blick zur Welt der Ideen, die sich ihm in
der Erinnerung (anamnesis) als ewig,
unsterblich und unveränderlich offenbarte, unbegrenzt von Höhlenwänden. Von
Platons idealistischem Standpunkt aus (den später das Christentum übernahm) ist
gerade das vorsokratische apeiron grauenvoll,
in dem das Gesetz gilt: »Es lebt das Feuer der Erde Tod und die Luft lebt des
Feuers Tod; das Wasser lebt der Luft Tod, die Erde den des Wassers.«[2]
Grauenvoll ist es und für den Menschen als denkendes Lebewesen unerträglich
durch die Ausweglosigkeit aus dem natürlichen Kreislauf von Tod und
Wiedergeburt. Platon ist in seinem Weltempfinden im Grunde eigentlich Buddhist:
Vergänglichkeit und Sterblichkeit ist Leiden, das die Seele bei ihrer
»Wanderung in die Geisteswelt« überwinden muß. Platon ist natürlich auch der
heidnische Vorläufer des Christentums, »Plato christianus«, ist doch der Ruf
des Philosophen, der uns, die Gefangenen der Dunkelheit, aus der Höhle ruft,
der Ruf eines Erlösers, der »nicht von dieser Welt ist«. Trotz dieser Nähe
bleibt aber dennoch ein wesentlicher Unterschied zwischen Platon und dem
Christentum (oder dem Buddhismus): Aus Platons Sicht ist diese Welt – wenn auch
mit einer Höhle verglichen – angesichts der höheren Erkenntnis doch nicht so
endgültig nichtig, wie sie es für die Urchristen war (oder, noch mehr, für die
Buddhisten). Die Schönheit der Höhle der Welt ist für Platon die erste und unvermeidliche
Stufe beim Aufsteig zur Schönheit an sich. Für den griechischen Philosophen ist
die Annahme der Körperlichkeit kein (Sünden-) Fall, sondern der Beginn des
erneuten Aufstiegs.
Eine wesentliche Nebenaussage des
Höhlengleichnisses ist die Gefangenschaft der Seele im Körper. Die Höhle ist
schon in uralten Mythen ein Gleichnis für Gebärmutter, Körper und Grab, und
Einwirkungen dieser Überlieferung können auch in der christlichen Ikonographie
festgestellt werden: Betlehem als Jesu Geburtsort, wird oft von der
frühchristlichen Kunst bis zur Renaissance, mit einer Felsenhöhle assoziiert,[3]
mit ihr ist aber auch Jesu Tod in Jerusalem verbunden, denn wir lesen in den Evangelien,
Joseph von Arimathäa habe den Leichnam Jesu »vom Kreuz abgenommen, ihn in ein
Leinentuch eingewickelt und in ein Felsengrab gelegt,« (Lk 23, 53). Eine Höhle
ist in der christlichen Ikonographie auch die Unterwelt, der heidnische Hades wird
zur Limbo, von wo aus der vom Tode erstandene Christus die Seelen der vor der christlichen Ära geborenen
Gerechten befreit.[4] Eine Höhle ist auch jede
christliche Kirche, in deren dunklem Innenraum ein überirdisches Licht von oben
herableuchtet.
Besonders lebhaft ist mir eine alte byzantinische
Kirche in dem griechischen Städtchen Arta in Erinnerung geblieben, die ich
einmal auf einer Reise, die mich in meiner Jugendzeit in diese Gegend führte,
zusammen mit einem Freund betrat. Die Pilgerschaft nach dem Unbekannten führte
uns damals »to a temperate valley/ Wet, [...] smelling of vegetation« (T. S.
Eliot),[5]
einen grün spiegelnden See, an dessen Ufern eine Schafherde weidete, die sich
hell vor dem Hintergrund der dunklen Berge fern am andern Ufer abhob, und
weiter die lebhafte Handelsstadt Joanina, voll von schreienden Reklamen und
witzigen alten Autos, und über die Steinebenen von Epiros, hier und da
bewachsen von Ölhainen – bis nach Arta. In den dunklen Kirchenraum traten wir
aus der blendenden Helle der Sommersonne. Einige Augenblicke, bis sich unsere
Augen an das Dämmer gewöhnt hatten, standen wir vor dem Abgrund an Dunkelheit,
aus dem die Flammen der Kerzen leuchteten. Aus dem Dämmer, das gerade hier
unten am dichtesten war, drang das dumpfe Murmeln der Gebete an unser Ohr. Kaum
sichtbare Wände, die eine enge hohe kreisrunde Halle umgaben, hatten keine
Fenster, die das Tageslicht von außen ins Kircheninnere hereingelassen hätten.
Es war uns, als befänden wir uns am Grunde eines tiefen Brunnens. Und als wir
nach oben blickten, woher ein Widerschein des Sonnenlichtes kam, erstarrten wir
beinahe vor Schreck: Oben an der Höhle, die wir betreten hatten, ganz oben über
den schwarzen Wänden dieses Abgrunds erglänzte ein Antlitz, blickten uns Seine
strengen und schrecklichen Augen an! Von der Kuppel, erleuchtet von hohen, für
das Auge unsichtbaren Fenstern, blickte der Pantokrator herab auf den Menschen
in der dunklen Höhle. Sein Anblick war schrecklich und milde zugleich, er
schmiedete uns am Boden fest und rief uns gleichzeitig zu sich. Als wir uns ein
wenig gefaßt und von dem Schock erholt hatten, begannen wir uns in der Kirche
umzusehen. Vor den Kerzen, die die heiligen Bilder nur dürftig erleuchteten,
knieten einige dunkle Gestalten, Schattengestalten, die Gebete murmelten. Es
waren alte Weiblein, von denen sich eine von den Knien erhob und eine Ikone
küßte, mit den Lippen den Rand des Bildes berührte und erneut niederkniete. Keiner
der Schatten blickte hinauf an die Kuppel, zum Antlitz – sicher wußten alle,
daß Er dort war, ewig gegenwärtig oben über den Menschen, hoch oben, jenseits
der von den Kerzen geschwärzten Wände, jenseits der geschnitzten Altäre und
Kerzenständer, an denen Wachstropfen wie Tränen herunterliefen. Oder hatten
diese Schatten etwa vergessen, daß dieser Schreckliche und Milde, der nie
untergeht, dort oben, jenseits der
Höhle ist, und fanden Trost im Vergessen, im Götzendienst der Bilder, hier
unten, tief im Dunkel? Wieviel Leiden!
Das ist es, sagte ich mir damals, darin liegt das
Wesen des Christentums: Die Höhle und oben das Antlitz. Später sah ich noch
viele christliche Kirchen, denn ich trete gerne in ihre dunkle Schönheit ein,
in das Spiel von Licht und Schatten, durchsät von den Strahlen des
überirdischen Lichts; das sich an den Ikonen widerspiegelt, an den Mosaiken,
Gemälden, Statuen, in der tiefen Stille, die vom Klang der Gebete oder der Orgel widerhallt, und doch hat
mich keine – mit der Ausnahme von Notre Dame in Chartres – mehr so erschüttert
wie diese eine in Arta. Seit damals sind schon gut zwei Jahrzehnte vergangen,
mein damaliger Reisegefährte machte sich später auf den Weg nach Indien, und
wandte sich dem fremden Gotte Krishna zu. Ich bleibe bei Christus, im Namen
dessen ich getauft bin, obgleich ich den Zweifel nicht abschütteln und die
Frage nicht vergessen kann: Warum war es nur notwendig, von dem blendenden
hellenischen Himmel in das Dunkel der Höhle zu treten? Wie ist das geschehen
und warum? Je länger ich über Platon nachdenke, desto überzeugter bin ich, daß
die Topographie Artas bereits in seinem Höhlengleichnis vorgezeichnet ist, in
dem das Diesseits vom Jenseits getrennt wird, und das jenen topos geschaffen hat, in dem uns das
Antlitz aus der Höhe betrachtet und auf den Boden des Abgrunds sieht – in die
Höhle, die mit dem dreieinigen Ort übereinstimmt, ausgedrückt durch das
Syntagma von Gebärmutter/ Körper-und-Welt/ Grab, und alle drei Zeiten des
Seienden in die angstvolle und zugleich erlösende Einheit zusammenfaßt, die in
meine diesseitige Erinnerung in Arta, weit entfernt und lange vergangen,
eingebrannt worden war.
Chronologie
T. S. Eliot vereinigt in seinem ersten Quartet alle drei Zeiten zu einer ewigen
Gegenwart: »Time present and time past/ Are both perhaps present in time
future, And time future contained in time past.«[6]
Die Vereinigung der drei Zeiten in eine zeitlose Präsenz bedeutet, daß die
lineare Gerade der Zeit einen Kreis beschließt, d.h., daß in einer
einheitlichen gedanklichen und existentiellen Erfahrung die beiden Grundmodi
der Zeit, der lineare und der zyklische, zusammenfallen. Der Begriff der »linearen«
Zeit (vielleicht wäre es angemessener, von »progressiver Zeit« zu sprechen) als
via recta gegenüber dem »Irrkreis«
der heidnischen Mythologie entstammt den philosophischen Werken des heiligen
Augustinus. In den neueren theoretischen Diskurs wurde diese Unterscheidung vor
allem von Mircea Eliade eingeführt, der schrieb, daß in den archaischen
»kosmisch-mythologischen« Gemeinschaften »die beherrschende Rolle [...] eine
zyklische Wiederkehr des Vorhergewesenen spielt, in einem Wort: die 'ewige
Wiederkehr'«,[7] denn »in jedem Augenblick
beginnt alles wieder von vorne. Die Vergangenheit ist nichts als die
Präfiguration der Zukunft. Kein Ereignis ist unumstößlich, und keine
Verwandlung ist endgültig.«[8]
Die Entdeckung der irreversiblen linearen Zeit, die zugleich die »Geburt der
Geschichte« bedeutet, schreibt Eliade den jüdischen Propheten zu: »So verleihen
als erste die Propheten der Geschichte einen Wert und gelangen dazu, die
überlieferte Anschauung vom Zyklus hinter sich zu lassen, die allen Dingen eine
ewige Wiederholung zugestand, und entdeckten eine Zeit mit einheitlichem und
einzigartigem Sinn. [...] Auch ist die Feststellung wahr, die Juden seien die
ersten gewesen, denen die Bedeutung der Geschichte als Epiphanie Gottes
aufgegangen sei. Und diese Vorstellungwurde dann, wie zu erwarten stand, vom
Christentum wieder aufgenommen und bereichert.«[9]
Der Gedanke zweier grundlegender
Zeitmodi und der historischen Wende bei der Entstehung der jüdisch-christlichen
Zivilisation ist bereits klassisch, wurde er doch von vielen zeitgenössischen
Philosophen, Historikern, Anthropologen und Religiologen aufgegriffen, unter
ihnen auch Helmuth Plessner, Gilles Quispel und Henri-Charles Puech. Plessner
spricht von zyklischer und eschatologischer Zeit, Puech fügt noch einen dritten
Zeitmodus hinzu, den er mit einer »abgebrochenen Linie« veranschaulicht und mit
den mystischen Geistestraditionen der Gnosis verbindet, während Quispel
besonders die Rolle der Inkarnation Christi als zentrales Ereignis bei der
Strukturierung der geschichtlichen Zeit unterstreicht, der Ausstieg aus dem
ewigen Kreisen in die Geschichte, der aber zugleich eine Verinnerlichung der
Zeit bedeutet, die Entstehung der existentiellen Zeit – und damit die Geburt
des sterblichen, endlichen und unwiederholbaren Individuums selbst – die
Entstehung dieser inneren (ebenso »linearen«) Zeitdimension, die der hl.
Augustinus meint, wenn er in seinen Bekenntnissen
schreibt: »Diese drei sind nämlich in der Seele wirklich vorhanden, während
ich sie anderswo nicht sehen kann: gegenwärtige Erinnerung an Vergangenes,
gegenwärtiges Anschauen von Gegenwärtigem, gegenwärtige Erwartung von
Zukünftigem.«[10]
Die Phänomenologie der Beziehungen zwischen den
Zeitmodi und dem Heiligen/ Göttlichen, die Eliade und seine Nachfolger
begründeten, ist ein bedeutendes methodologisches Instrument auch für Analyse
und Verständnis der Chronologie in Platons Höhlengleichnis. Bevor wir in diese
Überlegungen einsteigen, müssen zuvor noch einige Unterscheidungen getroffen
bzw. präzisiert werden, die im Schema Eliades nicht vollkommen explizit sind.
Zunächst muß noch einmal betont werden, daß die klassische (platonische, aristotelische)
griechische Zeit zwar zweifellos zyklisch ist, doch im Vergleich mit der
archaischen zyklischen Zeit, über die Eliade schreibt, und die bei den Griechen
in der vorsokratischen Epoche vorherrschte, ist sie nicht mehr mythisch,
sondern vorwiegend rational, hervorgehend aus der rationalen Erklärung der
Bewegung der Himmelskörper, die sich aus der griechischen Wissenschaft
entwickelt. Daher sagt Platon, die Zeit sei, bestimmt und gemessen mit der
Bewegung der Himmelssphären, ein bewegliches Abbild der Unvergänglichkeit (Timaios
37d, Sämtliche Werke Bd. 5, 160), d.h., ein Abbild, das mit der Kreisbewegung
(= der Zeit) als Bewegung in einem verharrenden Kreise (= der Ewigkeit) versinnbildlicht
werden kann. Die klassische Zeit der Griechen ist die kosmische Zeit, nicht
mehr nur mythisch im archaischen Sinne. Letztere sublimiert sich in der klassischen
Epoche vorwiegend zur metaphysischen Zeit, wie sie bei Platon die philosophischen
Mythen und auch das Höhlengleichnis »versinnbildlichen«. Das Schema der Phänomenologie
der Zeit in der Epoche der griechischen Klassik ist also in groben Zügen
folgendes:
l. Die
kosmisch-astronomische Zeit, bestimmt von der Bewegungder Himmelskörper,
deren Zyklen gemessen, wissenschaftlich analysiert usw., kurz: mit dem »Ticken
einer großen kosmischen Uhr« verglichen werden können;
2. Die mythische Zeit, der archaischen Tradition entstammend, ist in klassischer
Zeit noch immer gegenwärtig in den sich zyklisch wiederholenden Naturkulten,
z.B. den Fruchtbarkeitskulten, die in den Mysterien von Eleusis begangen
wurden, usw. – also die archaisch-kosmische Zeit in Eliades Verwendung des
Wortes, die zwar nicht wissenschaftlich gemessen werden kann, aber mehr oder weniger
positiv mit den Naturzyklen bestimmt wird, obgleich auf der anderen Seite ihr
richtiger chronos (und das eben
trennt sie von der neuen, rationalistisch-astronomischen Zeit) in illo tempore gesucht werden muß, in
einer undefinierbaren Vergangenheit, die von den Riten erweckt wird, denn
»paradoxerweise wird durch den Ritus jeder geweihte Ort zum Mittelpunkt der
Welt, wie ja auch die Zeit eines beliebigen Ritus mit der mythischen Zeit des
'Anfangs' zusammenfällt. Durch die Wiederholung des kosmogonischen Aktes wird
die konkrete Zeit, in der sich der Bau vollzieht [es geht um den Bau eines
Hauses, Heiligtums usw., M.U.], in die mythische Zeit projiziert; in illud tempus, in der die Erschaffung
der Welt geschah.« [11]
3. Die
metaphysische Zeit, im altgriechischen Denken aus der Entstehung des
philosophischen Idealismus entsprungen, also vor allem aus der Philosophie Platons,
obgleich Ansätze davon bereits bei den Pythagoräern und sogar bei den Orphikern
zu finden sind; die metaphysische Zeit unterscheidet sich von (1) und (2) danach,
daß sie nicht mit den Naturzyklen bestimmt wird, obwohl sie dem klassischen griechischen
Denken als wesentlich zyklisch
erscheint (ebenso dem indischen, chinesischen usw., nicht aber dem
jüdisch-christlichen): die »Grenzsteine« dieser Zyklen sind Geburt und Tod (des
Menschen wie des Weltalls), Vergessen und Erinnerung, Unwissenheit und Wissen,
Gefangenheit im Dunkel und Aufklärung, die »zweite Geburt« – diese Grenzsteine
können aber natürlich nicht wie die Grenzsteine der astronomischen Zeit
wissenschaftlich vermessen, oder rituell begangen werden wie die der mythischen
Zeit, denn die Dauer der metaphysischen Zyklen ist nicht diesseitig bestimmt,
ihr chronos ist die Ewigkeit, das
Jenseits.
Von der Feststellung ausgehend, daß der Grundmodus
der griechischen Zeit die zyklische Zeit ist, differenziert sich diese bei
eingehender Analyse in (wenigstens) drei Submodi. Ähnliches gilt auch für die
jüdisch-christliche »lineare« (progressive) Zeit, die noch weiter verzweigt und
in sich differenziert und auf unterschiedliche Art und Weise strukturiert ist.
Sie zerfällt in zahlreiche Submodi, von denen hier nur einige erwähnt werden
sollen: die christliche eschatologische Zeit (in der Bedeutung der
augustinischen civitas Dei im
Gegensatz zur civitas terrena) und
die mit ihr korrelierende »Seelenzeit« (d.h., die innere,
individuell-existentielle Zeit der Geburt, des Todes und der Auferstehung oder
Verdammung der Seele); das neuzeitliche säkularisierte eschaton, die Zeit der historischen Entwicklung des Geistes (d.h.
die Hegelsche Zeit, die mit einer treppenartigen Spirale symbolisiert werden
kann) und die mit ihr korrelierende Zeit der Entwicklung der Natur, die
biologisch-evolutionäre (darwinistische) Zeit der Phylogenese und Ontogenese
des Lebewesens; die moderne »Erlebniszeit« bzw. psychologische Zeit jedes
Einzelnen, und die Traumzeit, die romaneske Zeit, und natürlich die allmächtige
»objektive« physikalische Zeit, die irreversible entropische Zeit; und
schließlich auch die Zeit als vierte Raum-Zeit Dimension in der
Relativitätstheorie, und die »gekrümmte« Zeit der modernen Kosmologie, die die
Merkmale der linearen und zyklischen Struktur verbindet usw.
Innerhalb der einzelnen Arten von Grundmodi der
Zeit (der zyklischen wie auch der »linearen« bzw. progressiven) zeichnen sich
weitere Distinktionen ab. Für den hier erörterten Kontext ist die folgende
Distinktion innerhalb der griechischen zyklisch-metaphysischen Zeit
bemerkenswert. Innerhalb von (3) können noch zwei Unterarten unterschieden
werden:
(3a) Die kosmisch-metaphysische
Zeit, die mit der uralten Idee chaldäisch-babylonischen Ursprungs über die
endliche, in unermeßlich großen Zyklen sich wiederholende Lebenszeit des
Kosmos, zusammenfällt, mit der Idee vom »Großen Jahr« – dem »Zeitalter«, »Äon«
(griech. aion, lat. aevum); in der griechischen Philosophie
finden wir diesen Gedanken bei Heraklit (die ekpyrosis als kosmischer Weltenbrand), später finden wir seine
Spuren in der stoischen Kosmologie und schließlich (schon innerhalb eines
anderen Grundmodus der Zeit) als die dies
irae des Christentums; und
(3b) die seelisch-metaphysische
Zeit, d.h. die Zeit der Erneuerung, der Reinkarnation oder Transmigration der
Seele; es geht um jene transphysische Zeit, in der die Seele – die Sphären
beider Welten durchwandernd, der diesseitigen und der jenseitigen vom Rad der
Notwendigkeit getrieben wird (die Inder würden sagen, vom Rad des Karma), oder
wie Anaximander im ältesten erhaltenen griechischen Satz sagte: »Woraus aber
die Dinge ihre Entstehung haben, darein finde auch ihr Untergang statt, gemäß
der Schuldigkeit. Denn sie leisteten einander Sühne und Buße für ihre Ungerechtigkeit,
gemäß der Verordnung der Zeit.«[12]
Das, woraus die Dinge entstehen und in dem sie vergehen, ist unseren
diesseitigen Sinnenaugen nicht zugänglich (denn wir sehen nicht, woher ein
»Ding« kommt und wohin es geht, das uns von allen Dingen das wichtigste scheint
– nämlich die Seele), es scheint aber, daß die Kette der Notwendigkeit und die
Reihe der Zeit auch in Bereiche hinüberreichen, in die unser diesseitiger Blick
nicht folgen kann.
Die seelisch-metaphysische Zeit
ist vom diesseitigen Standpunkt aus gesehen völlig unbestimmt. Wer könnte
wissen, wieviel Zeit eine Seele jenseits verbringt, auf »der Wahrheit Feld«?
Auch wenn wir sagen, die Seelen der Verstorbenen blieben »sieben Tage auf der
Wiese« (vgl. Politeia 614-620) oder das Gericht werde in tausend Jahren sein,
ist dies nicht nur metaphorisch aus Mangel an entsprechenden Maßen gemeint? Man
kann sich fragen, wieviel (unserer, diesseitiger) Zeit eine orphische Seelenwanderung
durch das »Haus des Hades« braucht, von der weißen Zypresse bis zum See
Mnemosyne, dorthin zum Urquell, aus dem »kaltes Wasser fließt«? Wir wissen es nicht!
Wir wissen nicht einmal, ob es überhaupt Sinn macht, so zu fragen. Es geht ja um
die Jenseitszeitigkeit, um die Ewigkeit! Ja, aber immerhin wandert die Seele jenseitige
Wanderungen dürfen ebenso in der griechischen wie in der indischen oder christlichen
Geistigkeit nicht fehlen: Eine Wanderung geschieht immer in irgendeiner Zeit, wenn diese Zeit auch
ganz anders beschaffen ist als die unsere.[13]
Doch – wie ist diese jenseitige
Zeit beschaffen? Wahrscheinlich kann sie nicht anisotropisch (in eine Richtung
gerichtet, irreversibel) sein, denn wäre sie anisotropisch, wie
sich uns die diesseitige (geschichtliche und/oder existentielle) Zeit zeigt,
würde dies bedeuten, daß in der jenseitigen Zeit keine wirkliche Wiederholung möglich
wäre, gerade sie ist aber der Hauptgrund dafür, daß wir die Jenseitigkeit überhaupt
postulieren: Wenn eine Wiederholung nicht möglich wäre, wäre das für uns
(wenigstens dieseits, in der Welt) dasselbe, als würde die
seelisch-metaphysische Zeit überhaupt nicht existieren.
Eliade war der Meinung, »der Mythos von der ewigen
Wiederholung, so wie er durch das griechische Denken reinterpretiert worden ist,
habe zum Sinn einen äußersten Versuch zur 'Statisierung' des Werdens, zur
Annullierung der Unumstößlichkeit der Zeit. Da alle Augenblicke und alle
Situationen des Kosmos sich unaufhörlich wiederholen, erweist sich ihre
Vergänglichkeit in letzter Analyse als nur scheinbar; unter dem Aspekt der
Unendlichkeit bleiben jeder Augenblick und jede Situation an ihrem Platz, und
sie gewinnen so den ontologischen Charakter des Archetypus.«[14]
Das Einfrieren des Augenblicks oder einer Situation in den Archetypus, wie Eliade
sagt, ist nur angesichts des Postulats der endlosen Wiederholung möglich, die
aber kann nur in einer Zeit stattfinden, die nicht absolut irreversibel ist – was
aber noch nicht bedeutet, daß die metaphysische Zeit schon eo ipso reversibel in dem Sinn ist, wie man Reversibilität
innerhalb der Diesseitigkeit der Zeit versteht. Bei der jenseitigen Zeit muß
das Prinzip des tertium non datur nicht
unbedingt gelten, vielleicht ist gerade das geheimnisvolle tertium jenseits der rationalen Antinomie von Reversibilität und
Irreversibilität jener mystische chronos der
metaphysischen Wiederholung.
Die metaphysische Zeit des Höhlengleichnisses ist
ohne Zweifel zyklisch. In der Chronologie der Seelenwanderung in die
Gedankenwelt (und zurück in die Höhle) ist der einzige »singuläre« Augenblick –
der in der platonischen Zeitstruktur aber bei weitem keine so große Bedeutung
hat wie das große Ereignis (kairos) in
der christlichen »linearen« bzw. eschatologischen Zeit, die einmalige
Inkarnation und Auferstehung Christi – der Augenblick, in dem der Geist des
Menschen auf dem Weg zur wahren Erkenntnis aus der Schattenwelt erweckt wird,
wenn sich einer der Gefangenen von den Fesseln der Höhle befreit, aufsteht, den
Hals dreht, herumgeht und gegen das Licht sieht, das ihn, wenn er zu ihm
hinaufsteigt, fast blind macht, weil er »die Augen voll Strahlen hat«. Einer
der Gefangenen wird befreit, und zwar als erster von ihnen (im Kontext von
Platons Gesamtwerk gebührt diese Vorrangstellung zweifellos Sokrates), doch
seine Handlung, der Aufstieg zum Licht und die Rückkehr ins Dunkel der Höhle
ist nicht in der Hinsicht außergewöhnlich, daß dies nicht mit jeder neu
erweckten Seele wiederholt werden könnte – es wird nämlich nicht nur abgebildet
(nicht nur imitatio), sondern wortwörtlich in allen seinen Dimensionen wiederholt; oder, wie Karl Jaspers es
ausdrückt, im Lichte des Menschenmöglichen
trifft sich Sokrates mit dem anderen [scil. Menschen, seinem Schüler, M.U.]
auf derselben Ebene.[15]
Der Weg, den die Seele eines jeden Individuums geht,
ist ein immer neuer Zyklus auf derselben Kreislinie – denn wenn das »Rad der
Wissenschaft« (den die Buddhisten das Rad der dhamma nennen), einmal in Schwung gebracht ist, erweckt es immer
wieder von neuem Seelen und ruft sie auf den Weg der Erkenntnis in der seelisch-metaphyischen
Zeit. Für diese ist weder die Bestimmung durch die natürlichen (astronomischen) Zyklen noch das
mythologische immer wiederkehrende illud tempus
charakteristisch, sondern vielmehr die gnostische, also die im wörtlichen Sinne
meta-physische Erkenntnisfähigkeit der Seele und/oder des Geistes, die »Sphären«
beider Welten, des Diesseits und des Jenseits, durchdringen zu können. Dieses
Durchschreiten ist selbstverständlich auch für die eschatologische Zeit des Christentums
von wesentlicher Bedeutung, die ihrer »linearen« (progressiven) Grundstruktur
nach, bestimmt von dem zentralen geschichtlichen Ereignis, sich von der
zyklischen Zeit in Platons Höhlengleichnis grundlegend unterscheidet. Der Platonismus
und das Christentum, die topologisch in manchem übereinstimmen, unterscheiden
sich chronologisch aber wesentlich voneinander.
Die zyklische Zeit ist durch den Kreis
versinnbildlicht, denn »Gleich ist Anfang und Ende auf der Kreislinie.«[16]
Der Weise von Ephesus, genannt »der Dunkle«, lehrte: »Der Weg hinauf, hinab ist
ein und derselbe.«[17]
Fragen wir uns also, ob die Identität des Aufstiegs (zum Licht) und des
Abstiegs (zurück in die Dunkelheit) auch für das Höhlengleichnis gilt. Auf
Vorstellungsebene kehrt der Erweckte offensichtlich aus der Höhle »durch einen
schwer zugänglichen Ausgang« (Politeia 514 ... 517) auf demselben Weg, auf dem
er zum Sonnenlicht aufstieg, und zwar an seinen alten Platz. Der
offensichtliche Zweck der Rückkehr des Weisen ist es, seine ehemaligen Mitgefangenen
aufzuklären, damit sie ihm einer nach dem anderen zur Sonne, zur Freiheit
folgen könnten. Doch fragen wir uns weiter, was auf der symbolischen Ebene des
Höhlengleichnisses die Kreisverbindung des Weges nach unten und nach oben zu
bedeuten hat.
Das topologisch-chronologische Schema des
Höhlengleichnisses kann vom Standpunkt der seelisch-metaphysischen Zeit (d.h.,
der Zeit jeder einzelnen Seele, die im Kreis wandert), in groben Zügen
folgendermaßen gezeichnet werden, beginnend mit der Geburt: Die Seele erhält
einen Körper (wir wissen nicht genau, wann – bei der Geburt? oder vielleicht
schon bei der Empfängnis?), das Kind wird geboren, wächst heran ... und eines
Tages wird es sich seiner Ambiguität, seiner Sterblichkeit, bewußt, der
Verwobenheit seiner Seele und seines Körpers in Raum und Zeit des Diesseits ...
im Leben, hier und jetzt, wo die Erinnerung an die andere Welt nebelhaft ist,
»wie wenn ein mitten im Grunde der See Wohnender glaubte, oben an dem Meere zu
wohnen, und, weil er durch das Wasser die Sonne und die andern Sterne sähe, das
Meer für den Himmel hielte ...« (Phaidon 109c, Sämtliche Werke Bd. 3, 58f.);
weshalb ist es nur Auserwählten gegeben, eine klare Erinnerung (anamnesis) an den überhimmlischen Ort
zu bewahren ... und diese Auserwählten wissen, daß »diejenigen, die sich auf
rechte Art mit der Philosophie befassen, nach gar nichts andern streben als nur
zu sterben und tot zu sein« (Phaidon 64a, Sämtliche Werke Bd. 3, 17), und sie
lehren, daß »die Philosophie ihre Seele übernimmt als ordentlich gebunden im
Leibe und ihm anklebend« (Phaidon 82e, Sämtliche Werke Bd. 3, 34), was mit
anderen Worten heißt, daß die Philosophen im Aufstieg der Seele sozusagen eine
»Abkürzung« auf dem Weg nach oben erblicken, wenn sie erkennen, daß die Dinge dieser Welt nur »teilhaftig
sind« an der höheren jenseitigen Wirklichkeit; diese Erkenntnis beeinflußt die
Philosophen derart, daß sie bereits mitten im Leben für diese Welt sterben, den
Tod sozusagen überholen und ihm damit seinen todbringenden Stachel ausreißen
... doch alle, Auserwählte und Plebejer, Phenician,
Gentile or Jew, alle müssen wir sterben und vergessen »the cry of gulls,
and the deep sea swell/And the profit and loss«[18]
... denn der Tod, der große Unbekannte, reißt die Seele aus dem Körper, und die
Seele – wenn wir den Weg auf dem platonischen Kreis weiterverfolgen – erklimmt
den »Weg nach oben«, auf dem Wege des Erinnerns, und wenn sie ihren Durst an
den kalten Wassern des Sees Mnemosyne löscht, steigt sie auf zum Ursprung der
Erkenntnis selbst, zur höchsten Idee, der Idee des Guten (ganz »oben« »auf der
Wahrheit Feld«), während der Körper, ein zerfallender Leichnam, auf dem »Weg
nach unten« in die Höhle, den Hades, in die Erde hinabsteigt ... so daß Seele
und Körper auf diesem Teilstück des Kreisweges am weitesten entzweit sind ... doch
in dem anderen symmetrischen Teilstück des Kreislaufs muß die Seele aufgrund des
Drehens der »Spindel der Notwendigkeit« wieder den »Weg nach unten« zum Körper
antreten, vom Wasser des Vergessens, vom Wasser des Flusses Lethe trinken, und
wie der Held Er nach seiner Wanderung im Jenseits (vgl. Politeia 614-620) wiederum
in den Körper zurückkehren, während sich der (neue) Körper zu ihr auf dem »Weg
nach oben« macht, in der Gebärmutter heranwächst, geboren wird ... und der
Kreislauf beginnt von neuem. Dabei stellt sich dem Philosophen unausweichlich die
Frage: Ist in dem neuen Kreislauf auch die Seele eine neue Seele?[19]
Wie weit, wie tief geht die Wiederholung? Das griechische Denken und Fühlen ist
von der Überzeugung geprägt, daß der »Weg nach oben« und der »Weg nach unten«
ein und derselbe ist, der Christ dagegen glaubt, daß er durch Christus von
dieser Wiederholung, vom »Irrkreis« erlöst wurde, weil, wie der heilige Paulus
schreibt: »... den Menschen bestimmt ist, einmal zu sterben, danach aber das
Gericht [kommt]« (Hebr. 9, 27).
Die Wiederholung kann also auf unterschiedliche
Weise aufgefaßt werden. In unserem Kontext gibt es drei Arten von Wiederholung:
erstens, der Weg der Seele wiederholt sich wie die kreisförmige Identität des
»Wegs nach oben« und des »Wegs nach unten«; zweitens, als die Wiederholung des
Wegs seines Lehrers durch den Schüler, wobei der Lehrer als Aufklärer (phoster) wirkt, der Erkenntnis bringt (gnosis; bei Platon episteme), d.h., als erster Erlöster, als Paradigma; und drittens –
was für den hier erörterten Zusammenhang besonders wichtig ist – als die
Wiederholung der Struktur auf einer anderen (höheren, neueren, »vollkommen
verschiedenen« ...) Ebene. Diese dritte Art der Wiederholung ist von
wesentlicher Wichtigkeit sowohl für den Platonismus wie auch für das
Christentum, trotz unverkennbarer inhaltlicher Unterschiede.
Von der topologischen Wiederholung der Ebene im
Höhlengleichnis habe ich bereits gesprochen: Es geht um die Übertragung eines
diesseitigen topos, sagen wir einmal
der Struktur der Beziehungen zwischen den Schatten in der Höhle, »nach oben« auf die jenseitige Ebene, auf
die Struktur der Beziehungen zwischen den wirklichen Gegenständen – d.h. den
Ideen im Höhlengleichnis (z.B. die Wiederholung der Anordnung, Einteilung, Form
und Größe der Schatten der »steinernen und hölzernen Bilder«, die die
Gefangenen an den Höhlenwänden sehen können, und dieser Gegenstände selbst, die
die Gefangenen nicht sehen).
Die Wiederholung der Struktur erhält die Natur bzw.
das Was-Sein (quidditas) desjenigen,
das strukturiert ist. Wenn das Strukturnetz sehr dünnmaschig wird, erhält sich
mit der Wiederholung der Struktur auch die Individualität (haecceitas) der Dinge. Die Möglichkeit der strukturellen
Wiederholung (d.h. der Wiederholung von topos,
chronos, Ereignis, Taten, Gedanken, Gefühlen, Liebe ...) ist ein
gedankliches Postulat jeder diesseitigen Vorstellung von der Unsterblichkeit
der (individuellen) Seele, und ebenso von der Gerechtigkeit des göttlichen
Gerichts: Die menschliche Vorstellung von der göttlichen Gerechtigkeit ist
nämlich im Postulat begründet, daß sich auf einer anderen, höheren Ebene alles
wiederholt und wiederkehrt, was von einem schlimmen Schicksal oder durch das
Ränkespiel des Teufels auf der niedrigeren Ebene geraubt wurde. Die Grenze
zwischen den beiden Ebenen ist auf unterschiedliche Weise markiert, sei es
chronologisch (Vergangenheit/Gegenwart/Zukunft) oder topologisch (Diesseits/Jenseits)
oder kombiniert chronologisch und topologisch (eschatologisch: am Ende der
Zeiten, im Himmel). Auf alle Fälle geht es um die Wiederholung der Struktur,
die die quidditas des Wiederholten
und den Sinn der Wiederholung selbst bewahrt. Gottfried Wilhelm Leibniz
schreibt in seiner Metaphysischen
Abhandlung (1686) Worte von Erinnerung und Unsterblichkeit, die das Wesen
des westlichen Verständnisses des Überlebens der Seele zum Ausdruck bringen:
»Auch besteht die Unsterblichkeit, die man in der Moral und in der Religion
fordert, nicht ganz allein in jener ewigen Fortexistenz, die allen Substanzen
zukommt, denn ohne Erinnerung an das, was man gewesen ist, wäre sie nichts
Wünschenswertes. Nehmen wir an, daß irgendein Individuum plötzlich König von
China werden sollte, unter der Bedingung jedoch, das zu vergessen, was er gewesen
ist, so als ob es ganz von neuem geboren worden wäre – ist das nicht in der
Praxis oder hinsichtlich der Wirkungen, die man wahrnehmen kann, genau
dasselbe, als ob es vernichtet werden sollte und ein König von China würde an
seiner Stelle im gleichen Augenblick geschaffen werden? Dieses Individuum hat
aber keinen Grund, das zu wünschen.«[20]
Im Westen ist das Postulat von der Unsterblichkeit der Seele die Verbindung zur
Vergangenheit in der Erinnerung.
Die biblische Schlüsselfigur bei der Abgrenzung
der diesseitigen und jenseitigen Wiederholung ist Hiob. Am Ende des berühmten
Buches Hiob, als Hiob alle Prüfungen überstanden und alles verloren hat, was
ein lebender Mensch auf dieser Welt verlieren kann, und sich trotz allem nicht
von Gott abwendet, erweist ihm Gott unverhofft Gnade und ermöglicht eine
(diesseitige) Wiederholung: »Und der HERR gab Hiob doppelt soviel, wie er
gehabt hatte.« (Hiob 42, 10). Constantin Constantinus (Sören Kierkegaard)
schreibt in seiner philosophischen Prosa mit der Überschrift Wiederholung zu diesem biblischen Satz
folgendes: »So gibt es denn also eine Wiederholung. Wann tritt sie ein? Ja, in
irgendeiner menschlichen Sprache läßt sich das nicht gut sagen. Wann ist sie
eingetreten für Hiob? Als alle denkbare menschliche Gewißheit und Wahrscheinlichkeit für die Unmöglichkeit sprach.«[21]
Die Wiederholung ist hier fast mehr als vollkommen: »Und der HERR segnete Hiob
fortan mehr als einst, so daß er vierzehntausend Schafe bekam und sechstausend
Kamele und tausend Joch Rinder und tausend Eselinnen. Und er bekam sieben Söhne
und drei Töchter.« (Hiob 42, 12-13) Doch wo sind alle die Schafe und Kamele
geblieben, wohin sind alle die Ochsen und Eselinnen gekommen, die durch die
Ränke des Teufels zuvor verschwinden mußten? Wohin sind Hiobs frühere Söhne und
Töchter unwiederbringlich verschwunden, die hatten umkommen müssen? Sind denn
ihre Seelen einfach austauschbar mit den Seelen der neuen sieben Söhne und drei
Töchter? Sind sich die früheren und die neuen Kinder Hiobs von Angesicht
ähnlich, haben ihre Augen gleich geleuchtet? Darüber erfahren wir im Buche Hiob
nichts. Auf diese Fragen versucht später, im Neuen Testament, der heilige
Paulus eine Antwort zu geben, doch anders, als wir im Buche Hiob lesen, nämlich
mit einer anderen, ins Jenseits erhobenen Wiederholung: »Der erste Mensch ist
von der Erde und irdisch, der zweite Mensch aber ist vom Himmel« (1Kor 15,47).
Kierkegaard sagt: »[...] die Wiederholung hingegen ist und bleibt eine
Transzendenz.«[22] Denn wie wäre es möglich,
schon in dieser Welt abzurechnen und mit der Abrechnung alles Böse zu tilgen,
das die Ränke des Teufels einem Kind angetan haben? Es gibt keine jenseitige Wiederholung,
die solches vermag! Eine Gnadengabe, ein angebotener Ersatz kann eine verletzte
Seele niemals ganz heil machen. »Nur die Kinder empfing Hiob nicht zwiefältig
wieder, weil ein Menschenleben sich nicht dergestalt verdoppeln läßt. Hier ist
allein des Geistes Wiederholung möglich, ob sie gleich in der Zeitlichkeit nie
so vollkommen wird wie in der Ewigkeit, welche die wahre Wiederholung ist.«[23]
Doch – wenn nur die Ewigkeit eine wirkliche Wiederholung bedeutet, was wird denn dann in ihr bewahrt,
welche quidditas, welche haecceitas, welche Struktur? Weshalb
kann wenigstens die Struktur auch bei der Auslegung des hl. Paulus für die
Brüder in Korinth bewahrt bleiben: »Es gibt himmlische und irdische Körper.
Doch ein anderer ist der Glanz der himmlischen, ein anderer der irdischen
Körper« (1Kor 15,40). Im Fall des menschlichen Körpers: die Struktur als
Gestalt, als Form, als topos des menschlichen
Geistes, denn welchen Sinn hätte die Wiederholung der Diesseitigkeit, wenn es
in der Jenseitigkeit so wäre, wie der Koran sagt (56, 61): »... daß wir eure Gestalt
verwandeln und euch von neuem, in Gestalten, die ihr nicht kennt, erschaffen?« Wäre
das überhaupt noch eine Wiederholung, deren Brücke die Erinnerung ist? Wie würde
sich die Seele in einer völlig neuen Gestalt wiedererkennen, wie würde sie sich
erinnern, daß sie einst mit irdischen Augen gesehen hat, mit Händen getastet, mit
einem Herzen geliebt? Der hl. Paulus lehrt zwar, daß »wir uns alle verwandeln werden,
in einem Augenblick, beim Klang der letzten Posaune« (1Kor 15, 51-52) und
»Unsterblichkeit anziehen« (ibid.) werden. Doch damit ich, du, er, sie ... »Unsterblichkeit
anziehen« können, muß von mir, dir, ihm, ihr ... nach dem Tode wenigstens etwas übrigbleiben, das in die
Unsterblichkeit »gekleidet« werden kann. Die Frage ist: Wer oder was überlebt
den Tod? Gewöhnlich sagen wir – die Seele. Doch die Seele muß eine so-und-so-geartete
Struktur sein, um überhaupt etwas oder
jemand sein zu können. Und wieder
sind wir bei der Wiederholung der Struktur.
Unser Wunsch nach individueller Unsterblichkeit,
nach dem Überleben der Seelenach dem körperlichen Tod, wird nicht bloß mit der
Wiederholung irgendeiner allgemeinen Struktur befriedigt, sagen wir der
menschlichen Gestalt oder Essenz (»Subsistenz« nach Leibniz) oder, biologisch
betrachtet, des genetischen Codes. Die Weisen sagen zwar, daß Leben und Tod sub specie aeternitatis zu betrachten
seien, was die Bedingung für den Seelenfrieden und jene Heiterkeit ist, die im
Osten der Buddhist oder Taoist kennt. Es ist für die östliche Weisheit ganz
besonders kennzeichnend, daß sie sich unaufhörlich die Vergänglichkeit aller
Dinge bewußt machen und jenseits von ihr die Ewigkeit erblicken will. Doch die
westliche Zivilisation ist seit den Ägyptern und Griechen von dem Wunsch nach individueller Unsterblichkeit geprägt,
nach Wiederholung der jedesmaligen haecceitas,
ohne aber genau zu wissen, worin und ob sie überhaupt besteht. In einem
seiner späten Fragmente über die ewige Wiederkehr schrieb Nietzsche: »Jener
Kaiser hielt sich beständig die Vergänglichkeit aller Dinge vor, um sie nicht
zu wichtig zu nehmen und zwischen ihnen ruhig zu bleiben. Mir scheint umgekehrt
Alles viel zu viel wert zu sein, als daß es so flüchtig sein dürfte: Ich suche
nach einer Ewigkeit für Jegliches: Dürfte man die kostbarsten Salben und Weine
ins Meer gießen? Mein Trost ist, daß alles, was war, ewig ist: – das Meer spült
es wieder her.«[24] Denn Ewigkeit besteht für
uns nicht in der Leere des Himmels, sondern in der Wiederkehr und Gegenwart all
dessen, was wir verloren haben: all das, gar alles, jedes Lächeln, jedes Bild,
jedes Wort, jeder Gedanke ... Wie unvorstellbar und undenkbar ist das! Der
chinesische Weise Zhuang Zi fragte sich, ob das nicht bedauernswert sei. Die
Menschen sprechen von der Unsterblichkeit, doch welchen Wert hat das. Wenn der
Körper zerfällt, wird auch die Seele davon betroffen sein? Ist das nicht eigentlich
traurig? Ist das menschliche Leben wirklich so im Dunkel verstrickt, bin ich
selbst im Dunkel? Gibt es überhaupt andere, die nicht im Dunkel sind?
Wie wäre eine Wiederholung aller Zeiten überhaupt
möglich? Schon in einem einzigen kurzen Menschenleben gibt es unendlich viele
unwiederholbare Augenblicke. Geschieht die Wiederholung des chronos auf der anderen (höheren,
jenseitigen) Ebene vielleicht auf die Weise, daß seine Struktur erhalten bleibt
(die Anordnung der Ereignisse), während sich sein Rhythmus, sein Lauf verändert
(verschnellert, verlangsamt, »krümmt«, »vervielfältigt« ...)? Gibt es in
unserem Leben irgendwelche Erfahrungen, die eine solche Vermutung bestätigen
würden? Deren gibt es natürlich recht viele, die Schwierigkeiten kommen aber bei
der Interpretation. Zu den interessantesten Erfahrungen der »Verdichtung« der
Zeit gehören die »Nah-Todeserlebnisse« (near-death
experiences), worüber Carol Zaleski schreibt: »Daß manche Menschen angesichts
des Todes innerhalb eines Moments eine solche Rückschau erleben, ist in den
Biographien und medizinischen Berichtsbänden des 19. Jahrhunderts, aber auch in
den neueren Studien über Nah-Todeserlebnisse hinreichend dokumentiert.«[25]
Als konkretes Beispiel eines solchen Erlebnisses führt sie den Alpinisten
Albert Heim an, der entdeckte, daß ein solches Lebenspanorama häufig bei Menschen vorkommt, die einen fast
tödlichen Absturz erlitten haben; Heim beschreibt sein eigenes Erlebnis, als ihn
in den Bergen ein Windstoß einen Felsen hinunterwarf: »Ich sah mein ganzes vergangenes
Leben in vielen Bildern, als ob es sich auf einer Bühne, etwas entfernt von mir abspielte. Ich sah mich selbst
als den Hauptdarsteller in der Aufführung. Ein himmlisches Licht verklärte
alles, und alles war schön und ohne Trauer, ohne Angst und ohne Schmerz.«[26]
Der Inhalt des Lebenspanoramas ist
bei verschiedenen Menschen natürlich unterschiedlich, das Gefühl inneren
Friedens und der Angstfreiheit ist keine Regel ohne Ausnahme, bei manchen
verbindet sich die Wiederholung mit einem Urteil usw., doch die Veränderung des
Zeitrhythmus und die Erfahrung einer »Synthese« sind allen derartigen
Erlebnissen gemeinsam.
Die Möglichkeit der Wiederholung der jedesmaligen
und einmaligen Struktur, d.h. die Bewahrung der haecceitas jedes einzelnen Seienden, ist die Bedingung der Möglichkeit
individueller Unsterblichkeit, die für unsere Kultur so charakteristisch ist. Die
Wiederholung kommt, sinnbildlich gesprochen, über die Brücke der Erinnerung zustande.
Kierkegaard stellt in der Wiederholung einführend fest: »[...] denn die Wiederholung
ist ein entscheidender Ausdruck für das, was 'Erinnerung' bei den Griechen
gewesen ist. Gleich wie diese also gelehrt haben, daß alles Erkennen ein sich
Erinnern sei, ebenso wird die neuere Philosophie lehren, daß das ganze Leben eine
Wiederholung ist. «[27]
Die Erinnerung ist die Wiederholung einer einzigartigen Struktur, einer Kette
von Bildern, Vorstellungen oder Begriffen – der Struktur, die sich von neuem an
einen anderen topos und chronos aufreiht. Wir wollen uns überzeugen,
daß sich »individuelle« Strukturen erhalten, doch auf der anderen Seite scheint
es uns, wie Eliade in seinem Buch von der ewigen Wiederkehr feststellt, »daß
die Erinnerung post mortem an diese
Geschichte ihre Grenzen hat, oder mit anderen Worten, daß die Erinnerung an die
Leiden, Erlebnisse, alles, was mit der eigentlichen Individualität zusammenhängt,
an einem gewissen Zeitpunkt nach dem Tode ihre Kraft verliert und zu existieren
aufhört. Was den Einwurf angeht, ein unpersönliches Überleben komme einem
wahren Tod gleich (in dem Betracht, daß allein die Persönlichkeit und das an die
Dauer und die Geschichte gebundene Gedächtnis ein Überleben genannt werden dürften),
so ist er nur vom Standpunkt eines 'historischen Bewußtseins' aus wirksam. Mit
andern Worten, dabei geht es nur um den Standpunkt des modernen Menschen, denn
das archaische Bewußtsein gesteht den 'persönlichen' Erinnerungen keinerlei Bedeutung
zu. Es fällt nicht leicht, genauer auszudrücken, was ein 'Überleben des unpersönlichen
Bewußtseins' bedeuten könnte, obwohl gewisse geistige Erfahrungen es ahnen
lassen möchten. Was gibt es an 'Persönlichem'
und 'Historischem' in der Emotion,
die man fühlt, wenn man Bachsche Musik hört, in der Aufmerksamkeit, die zur
Lösung eines mathematischen Problems notwendig ist, in der konzentrierten Klarheit,
die man zur Durchdenkung einer philosophischen Frage benötigt?«[28]
Sicher kann diesem Gedanken Eliades beigepflichtet
werden, doch trotz allem kann die menschliche Frage nicht völlig außer Acht
gelassen werden: wenn »persönliche Erinnerungen« nicht überleben – und uns also
sub specie aeternitatis nicht interessieren
– wer oder was ist dann diese Struktur, von der wir glauben, daß sie dennoch
überlebt? Oder ist es überhaupt wert und recht, daß die abstrakte quidditas überlebt, wenn jede konkrete haecceitas für immer und ewig-stirbt?
Der Großteil westlicher Denkart und Kultur besteht gerade darin, sich diese
unbeantwortet gebliebene und im Diesseits wohl auch unbeantwortbare Frage zu
stellen. Denn nur die Wahrheit ist wichtig, wie uns Sokrates klarzumachen
versuchte.
Übersetzt von Elisabeth Seitz
[1] Übersetzungen der
Originalstellen aus Platon: Platon, Sämtliche Werke in der Übersetzung von
Friedrich Schleiermacher mit der Stephanus-Numerierung herausgegeben von Walter
F. Otto, Ernesto Grassi und Plamböck. In der Reihe: Rowohlts Klassiker der
Literatur und der Wissenschaft, herausgegeben von Ernesto Grassi unter
Mitarbeit von Walter Hess, Griechische Philosophie. Hamburg, 1958)
[2] Heraklit, Fragmente; griechisch
und deutsch herausgegeben von Bruno Snell. Wissenschaftliche Buchgesellschaft,
Heimeran Verlag, Darmstadt 6/1976, 25.
[3] ' Ich denke hier an die
wundervollen Mosaike an den Wänden der byzantinischen Kirchen in Dafne und auf
Meteora in Griechenland und Monreale auf Sizilien und, wenn wir ein paar
Jahrhunderte überspringen, an Giorgiones Huldigung der Könige und Leonardos
Unsere Frau in der Höhle. Zahlreiche christliche Kunstwerke verarbeiten auch
das Motiv der Höhle als Grab, so z.B. Fra Angelicos Fresken Noli me tangere in einer Zelle des St.
Marcus-Klosters in Florenz, und anderswo.
[4] ' Ich erinnere mich an
ein Mosaik mit diesem Motiv, das ich in der unvergeßlichen griechischen Kirche
Hosios Lucas gesehen habe, in den Bergen über dem korinthischen Meer, und das,
uns nähere, im Marcusdom in Venedig, an den Wänden der hohen Gewölbe über dem
Wellenpflaster des Hauptschiffes.
[5] The Journey of the Magi,
in: T.S. Eliot, Gesammelte Gedichte 1909-1962. Englisch und deutsch, hrsg. von
Eva Hesse. Suhrkamp Verlag, 2/1988, 158.
[6] Ibid., 278.
[7] Mircea Eliade, Der
Mythos der ewigen Wiederkehr, übersetzt von Günther Spaltmann, Eugen Diederichs
Verlag, Düsseldorf 1953, 131.
[8] Ibid., 132.
[9] Ibid., 152.
[10] Aurelius Augustinus,
Bekenntnisse. Übersetzt und herausgegeben von Kurt Flasch und Burkhard
Mojsisch. Philipp Reclam jun. Stuttgart, 1989, 320.
[11] Mircea Eliade, op. cit., 35f..
[12] Anaximander von Milet
nach Simplicius zu Aristoteles, Physik 24. 13ff., in: Die Vorsokratiker. Die
Fragmente und Quellenberichte übersetzt und eingeleitet von Wilhelm'Capelle.
Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 1968, 82.
[13] Eine Ausnahme ist hier
nur das Tibetanische Totenbuch, in dem wir lesen, daß die Seele – oder das, das
wir Seele nennen – genau vierzehn Tage lang, Tag und Nacht, verschiedene Sphären
des Zustandes bardo durchschreitet,
d.h. des Zustandes zwischen Tod und Wiedergeburt.
[14] Mircea Eliade, op. cit., 179.
[15] Karl Jaspers, Die
Maßgebenden Mensehen, Basel 1979.
[16] Heraklit, Fragmente;
griechisch und deutsch herausgegeben von Bruno Snell. Wissenschaftliche
Buchgesellschaft, Heimeran Verlag, Darmstadt 6/1976, 33.
[17] Anmerkung des
Übersetzers: T.S. Eliot zitiert dieses Fragment in den Four Quartets als
Einleitung zu Burnt Norton, und zwar im griechischen Original aus Diels-Kranz,
Dk12 A9; Die deutsche Übersetzung von Georg Burckhardt wird in T.S. Eliot,
Gesammelte Gedichte 1909-1962. Englisch und deutsch, hrsg. von Eva Hesse.
Suhrkamp Verlag, 2/1988, 279 angeführt.
[18] The Waste Land, IV Death
by Water; in: T.S. Eliot, Gesammelte Gedichte 1909-1962. englisch und deutsch,
hrsg. von Eva Hesse. Suhrkamp Verlag, 21988, 106.
[19] Der buddhistische Weise
Nagasena würde auf diese Frage seinem wißbegierigen Gast, dem griechischen
König Milinda mit der Gegenfrage antworten: Ist die Kerzenflamme, die wir
abends anzünden, dieselbe oder eine andere als die Kerzenflamme, die wir
morgens immer noch brennend vorfinden?
[20] Gottfried Wilhelm
Leibniz, Philosophische Schriften, herausgegeben und übersetzt von Hans Heinz
Holz, Band I: Kleine Schriften zur Metaphysik; darin: III. Metaphysische
Abhandlung, 49-172; Zitat 155-157.
[21] Sören Kierkegaard, Die
Wiederholung. Ein Versuch in der experimentellen Psychologie von Constantin
Constantinus, übersetzt von Emanuel Hirsch. Eugen Diederichs Verlag,
Düsseldorf, 1967, 82.
[22] Ibid., 59.
[23] Ibid., 89f.
[24] Friedrich Nietzsche, Der
Wille zur Macht. Alfred Kröner-Verlag 1921, Stuttgart.
[25] Carol Zaleski,
Nah-Todeserlebnisse und Jenseitsvisionen vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Aus
dem Amerikanischen von Ilse Davis Schauer. Insel Verlag, Frankfurt am Main und
Leipzig, 1993, 197.
[26] Ibid., 197.
[27] Sören Kierkegaard, op. cit., 3.
[28] Mircea Eliade, op. cit., 76f.