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M A H L Z E I T
Melken ist nicht ganz einfach, wenn man zu-
gleich Baby und Mantel festhalten, das Kalb
von der Mutter abdrängen und dabei schauen
muss, dass man nicht in den Matsch fällt. In
der Trockenzeit ist das Melken einfacher –
aber dann gibt es auch weniger Milch.
Muningandu melkt eine der heiligen Kühe
der Familie, deren Milch und Fleisch für Ritua-
le und Übergangsriten gebraucht wird. Der
Häuptling ist der Hüter der heiligen Rinder und
der Bewahrer des ewigen Ahnenfeuers – der
lebenswichtigen Verbindung zwischen den
Lebenden und den Toten.
Die Frauen versetzen die frische Milch in
den Kübeln mit ein wenig gesäuerter Milch
vom Vortag, um das Säuern zu beschleunigen,
das die Haltbarkeit verlängert. Dann bereiten
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eisentöpfen Maisbrei über den offenen Feu-
ern – den gleichen Brei, den sie noch einmal für
die zweite Mahlzeit des Tages kochen werden.
Wenn der Mais reift, gibt es manchmal einen
frischen Kolben zwischendurch, zum Rösten
am Feuer. Wenn kein Maismehl für den Brei
mehr da ist, verkauft Muningandu eine Kuh,
um Mais kaufen zu können. Er erzählt, dass er
im vergangenen Jahr zwei Kühe verkauft und
ein paar weitere verschenkt oder ausgeliehen
hat – ein Brauch, mit dem man anderen bei
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zumindest beim Überleben.
Zusammen mit Mukoohirumbu, der 20-jäh-
rigen dritten Frau ihres Vaters, hängt Viahon-
djera Kalebassen voller Milch an einen Baum
und schüttelt sie, um Butter für die Ernährung
und für Otjize zu gewinnen. Dabei baumelt ihr
ein limettengrünes Kunststoff-Amulett vor den
Augen, befestigt am Erembe, dem traditionel-
len Kopfputz der verheirateten Himba-Frauen.
Der hat die Form langer Tierohren und wird mit
einem Lederriemen über das mit Ocker und
Butter frisierte Haar gebunden. Die Frauen
waschen sich nicht mit Wasser, und nur selten
lösen sie ihre Zöpfe.
In der Savanne ernten sie Vogelpflaumen,
doch nun gibt es nur wenige der großen Maden
in den Mopanebäumen, zum Sammeln und
Verkaufen oder Selberessen. Die eiweißrei-
chen Raupen werden ausgenommen, in Salz-
wasser gekocht und an der Sonne getrocknet.
Eingeweicht schmecken sie wie Rindfleisch.
Fleisch gibt es nur an Festtagen. Viahon-
djera kann sich nicht erinnern, wann sie zu-
letzt Fleisch gegessen hat. »Wenn wir eine
Ziege schlachten«, sagt ihr Vater, »dann
essen diese beiden sie alleine auf, samt
Knochen«, und deutet auf Viahondjera und
ihren Bruder.
Beim Melken stapfen die Frauen von Okapembambu durch knöcheltiefen Mist und Morast (oben). An
den kühlen Morgen und Abenden während der Regenzeit im Norden Namibias dampft die frische warme
Milch in den Kübeln. Milch und Milchprodukte sind das Hauptnahrungsmittel der Himba. Um die Säuerung
zu beschleunigen, impfen die Frauen die frische Milch mit saurer Milch vom Vortag. Zur Herstellung
von Butter wird die Sauermilch stundenlang in Kalebassen geschüttelt (unten), die an Bäume gehängt
werden. Die Sauermilch wird getrunken und zur Bereitung von Maisbrei verwendet. Die Butter dient auch
der Herstellung der Ockercreme, mit der bei den Himba Männer und Frauen Körper und Haar bedecken.
Wasser muss Viahondjera am Ufer eines trüben Flusses beim Dorf ihres Vaters holen (rechts), während
dessen dritte Frau, Mukoohirumbu, ihrem Baby das Gesicht reinigt. Um die Wasserkrüge auf dem Kopf
zurück ins Dorf tragen zu können, schlagen die Frauen ihren Kopfputz nach hinten