Page 40 - [Peter_Menzel,_Faith_D’Aluisio]_Mahlzeit_Auf_80(BookFi.org)

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M A H L Z E I T
ERSTE MAHLZEIT DES TAGES
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ZWEITE MAHLZEIT DES TAGES
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IM LAUFE DES TAGES
Saure Vollmilch, 0,9 l
s
Vogelpflaumen (nicht auf dem Foto, weil sie sie
gegessen hat, ehe die Aufnahme gemacht wurde), 100 g
Wasser aus dem Fluss, 360 ml
KALORIEN
1500
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Namibia, ehemals Deutsch-Südwestafrika, er-
langte 1990 seine Unabhängigkeit. Das
halbnomadische Viehhalter-Volk der Himba
lebt in der trockenen Savanne im Nordwesten
Namibias und jenseits der Grenze in Angola.
Die Rinder sind der wichtigste Besitz, deren
Milch das Hauptnahrungsmittel der Himba,
dazu kommen Mais, Beerenfrüchte je nach
Jahreszeit und gelegentlich das Fleisch einer
Ziege. In den 1980er Jahren verlor das Volk
durch Dürre etwa 90 Prozent seines Viehs.
Hilfslieferungen sicherten das Überleben der
Himba, bis sie ihre Herden wieder aufgebaut
hatten, und viele Himba-Männer verdingten
sich in der Armee der Kolonialmacht Südafri-
ka, die damals die namibischen Freiheitskämp-
fer verfolgte. Heute ist den Himba das Jagen
verboten, und einige von ihnen bauen Mais an
und weiden ihr Vieh auf zugewiesenem Land.
Obwohl die Himba als besonders »zivilisations-
scheu« gelten, sind manche als Lohnarbeiter
in die Städte gezogen. Ein großer Teil des
kleinen Volkes lebt aber noch immer wie seine
Vorfahren.
KAOKOLAND
äsä$IEä+ÓHEäMÓSSENäGEMOLKENä
werden an diesem kühlen Märzmorgen, doch
die Frauen des Dorfes Okapembambu schie-
ben den Zeitpunkt hinaus, an dem sie die
WARMEä'EBORGENHEITä IHRERä(ÓTTENä VERLASSENä
müssen. Sie kuscheln sich mit ihren Babys
und Kleinkindern unter dünne Decken und wei-
che Lederhäute, und der große, aus einer Kale-
BASSEä GESCHNITZTEä'EMEINSCHAFTSLšFFELämit
saurer Milch macht die Runde.
Die 23 - jähr ige Viahondjera Musutua
frischt mit Otjize, der selbst gemachten
Ockercreme, ihr Körper-Make-up auf und
kümmer t sich um ihr Kleinkind. Erst als
draußen ihr Vater Muningandu ruft, Häuptling
und Patriarch der 30-köpfigen Dor fsippe,
kommen die Frauen aus den Hütten hervor.
Viahondjera wurde als Baby dem Sohn der
Schwester ihres Vaters als Frau versprochen
– bei den Himba ein übliches Verfahren zur
Stärkung der Sippenbindung. Seit ihrer Hei-
RATä MITä ä WOHNTä SIEä SIEBENä &U”STUNDENä
entfernt im Dorf ihres Mannes, aber jedes
Jahr kommt sie für ein paar Monate zu ih-
rem Vater, um ihren Anteil an der Maisernte
abzuholen. Ihre beiden älteren Söhne, neun
und vier Jahre alt, sind daheim bei ihrem
Vater und dessen erster Frau geblieben.
Sie wird sie wiedersehen, wenn ihr Mann
mit dem Eselskarren kommt, um den Mais
zu holen.
Der größte Teil der Dorfherde gehört Mun-
ingandu. Bei den Himba erstreckt sich die
Sippenzugehörigkeit auf die Familien beider
Eltern – die des Vaters für den Alltag und die
Rituale, die der Mutter für die Erbfolge. Mun-
ingandu hat die Rinder vom Bruder seiner
Mutter geerbt, und dereinst werden sie auf
den Sohn seiner Schwester übergehen – den
Ehemann von Viahondjera.
Es ist Regenzeit, und die Frauen waten
beim Melken der Kühe knöcheltief in Schlamm
und Mist. Um sich gegen die Kühle zu schüt-
zen, hüllen sie sich in Decken, gepudert mit
Ockerstaub wie alles, was sie besitzen. Das
Viahondjera Musutua
Die Rinderhalterin
NAMIBIA
EINE TAGESRATION
IM MÄRZ